Jubiläumsschau Art Cologne: Der Mutter aller Kunstmessen zum 50.

Die Jubiläumsschau der Art Cologne gibt einen grundsoliden Überblick über die moderne Kunst.

Foto: Federico Gambarini, dpa

Köln. „Schöne Ausstellung mit Liebe gemacht“ textet der Ironiker Christian Jankowski in einer Neonschrift auf die Kojenwand der Berliner Galerie Contemporary Fine Arts. Die Galerie ist eine von 218 Mitstreitern, die die Art Cologne bestücken. Diese „Mutter aller Kunstmessen“ hat sich durchgebissen. Ein halbes Jahrhundert gibt es sie schon. Alle Höhen und Tiefen des Kunstmarktes hat sie überstanden. Das verdient Respekt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker lobte sie auf der Pressekonferenz in einem Atemzug mit der Stadt Köln und sprach von einer „Strahlkraft in die Welt.“ Sie leuchtet wacker. Vieles hat sich allerdings geändert seit dem Gründungsjahr 1967.

1967/68 war eine wilde Zeit. Die Galerien tönten noch nicht so wie heute, sondern waren schwache Flämmchen. Sie diktierten auch noch nicht die Preise, sondern waren froh, wenn sie 25 Mark für ein Multiple erhielten. 220 000 Euro für eine Nofretete in Gips, wie sie Isa Genzken auch noch als Edition präsentiert, wäre indiskutabel gewesen. Man war bescheiden. Sammler mit dicken Schecks, Briefkastenfirmen in Panama, derlei Dinge gab es noch nicht. Dennoch ärgerten sich schon damals Künstler wie Joseph Beuys, Chris Reinecke und ihr Ehemann Jörg Immendorff über die Verhältnisse. Außerdem stänkerte Köln gegen Düsseldorf und Düsseldorf gegen Köln.

Das alles ist vergessen. Überlebt hat das, was der Kölner Messe-Chef Gerald Böse treffend mit den Worten „Kunst als Ware“ bezeichnet. Auf die heutige Zeit bezogen, kann man die kritischen Beiträge von Künstlern mit der Lupe suchen. Angesichts von 2000 Mitstreitern ist uns nur ein Beispiel zum aktuellen Thema von Arm und Reich, Alteingesessenen und Flüchtlingen aufgefallen.

Der Beitrag stammt von Claus Föttinger aus Düsseldorf. Er fuhr drei Wochen vor Messe-Eröffnung in die Türkei und fotografierte die Gegensätze zwischen der Antike und heute, um sie auf einer großen Rundlampe zu platzieren. Einerseits ist der Tempel in Assos zu sehen, wo Aristoteles drei Jahre lang philosophierte, andererseits befindet sich unter dem Tempel die Flüchtlingsroute. Dort spüren Schiffe zwischen Lesbos und der Türkei die Schlauchboote der Flüchtlinge und ihrer Schlepper auf.

Nun ist Föttinger kein sozialkritischer Dokumentarist, sondern ein Mensch aus dem Rheinland. So steht unter der beleuchteten Foto-Collage eine runde Bar mit den politischen Ereignissen vor allem der 1990er Jahre unter Willy Brandt. Die Bar ist aber auch funktionstüchtig. Wer will, kann sich von der Galerie Van Horn einen türkischen Raki servieren lassen.

Das meiste Geld verdienen Galeristen bekanntlich mit klassischer und gegenwärtiger Kunst. Diese Epochen überwiegen denn auch auf der Jubiläumsmesse. Vor allem Werke von Heinz Mack gibt es an allen Ecken und Enden. Ein anderes Kaliber ist Hans Hartung, der Emigrant, der nach dem Krieg nicht mehr in seine Heimat zurückkehrte. Galerist Samander Setareh erklärt: „Er ist nicht der liebliche informelle Künstler. Er verkörpert die Spaltung in Europa.“ Die Arbeiten kosten inzwischen allerdings sechsstellige Summen.

Am Stand der Galerie Remmert und Barth ist man glücklich über zwei Aquarelle von Otto Dix aus den frühen 1920er Jahren. Sie galten als verschollen, bis die findigen Kunsthändler bei den Enkeln des Düsseldorfer Sammlers Hans Koch in die richtige Schublade griffen. Die Blätter kosten 280 000 bzw. 380 000 Euro.

Unter den Fotografen gibt es köstliche Ringkämpfe dreier ehemaliger Becher-Schüler. Thomas Struth verlangt für ein drei Quadratmeter großes Foto aus dem Kennedy Space Shuttle bei Hetzler 108 000 Euro. Die nicht weniger imposante Kölner Opernruine von Boris Becker bei Holtmann misst sogar über sieben Quadratmeter und ist für 30 000 Euro zu haben. Kollege Elger Esser (bei Ropac) gestaltet derweil an der Seine-Mündung bei Le Havre einen poesievollen Landschaftstraum. Auch sein Bild hat die stattliche Größe von 4,5 Quadratmetern (42 000 Euro).

Skulpturen sind Mangelware, im Vergleich zu Installationen. Ein gusseisernes Werk von Tony Cragg (bei Buchmann) ist für 95 000 Euro erhältlich. Den Vogel schießt die Galerie Haas ab. Sie konnte den Galeristen Dieter Brusberg mit Arbeiten u. a. von Rolf Szymanski beerben. Michael Haas nennt Szymanski einen „Bildhauer der geschundenen Generation“. Er zeigt einen herrlichen, großen Guss (90 000 Euro).

Fazit: Die Messe ist gut, aber teuer. Und sie ist nicht unbedingt aufregend. Aber auch nicht so schlecht, wie die 600 abgewiesenen Galeristen meinen. Eine solide Messe ist es, wie es sich für eine „Mutter“ der Kunstmessen gehört.