Mittelalterlich Phantasie Spectaculum Auf Zeitreise ins Mittelalter in Köln
Am Fühlinger See trafen sich am Wochenende Ritter, Gaukler und Spielleute bei einem großen Spectaculum.
Köln. Es ist wie eine kleine Zeitreise, wenn man das Gelände rund um den Fühlinger See betritt. Überall sind wunderliche Gestalten wie wilde Ritter in ihren Rüstungen, Spielleute mit feuerspeienden Dudelsäcken und Edeldamen mit noch edleren Gewändern unterwegs. Das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum, kurz MPS genannt, zählt zu den größten durch die Lande ziehenden Mittelalter-Festivals der Welt.
„Wir sind zum ersten Mal in Köln, weil uns Freunde vorgeschwärmt haben, wie schön es hier am See ist, und wir sind total begeistert“, sagt Petra Wullner aus der Nähe von Bielefeld, die mit ihrem Mann Frank als Piratin angereist ist. „Ursprünglich waren wir Kaufleute. Dann haben wir uns für die Piraten entschieden. Die Gewänder entwickeln sich immer weiter, wirklich fertig werden diese nie“, sagt Frank Wullner.
Währendessen versammeln sich die Besucher ein paar Meter weiter um das Bruchenball-Turnier. Dabei kämpfen die Ritter, die nur mit einem Bruchentuch bekleidet sind, um einen etwa 40 Kilo schweren Ball, der aus einer mit Stroh und Tannenzapfen gefüllten Kuhhaut besteht. Gerade stehen die Nordwiesel gegen die Waldstrate auf dem Platz. Heftig geht es dabei zu, denn es gibt so gut wie keine Regeln. Nur sich auf den Ball zu legen und den Gegner beißen sind nicht erlaubt.
Beobachtet wird die rustikale Szenerie von den Wächtern des Totenreichs. „Wir sorgen dafür, dass die Seelen der Toten in ihr Reich kommen, und dass sie auch dort bleiben“, verrät Sven Winkels aus Kevelaer mit seinem furchterregenden Totenkopfstab. „Es ist schön, einmal jemand anderer zu sein und den Alltag zu Hause zu lassen“, sagt Bianca Lindner, die als weiße Wächterin des Lichts die finsteren Totenwächter begleitet.
Wild sieht auch der Clan der Awaren aus. „Diese waren ein zentralasiatisches Reitervolk, das im Frühmittelalter ein großes Gebiet in Europa beherrschte“, berichtet Hans-Jürgen Nonn. Die Gewänder haben die Siegburger selbst entworfen und geschneidert. Dazu gehören auch Felle von Füchsen und Heidschnucken. Die Lederhelme ziert ein großer Pferdeschweif. „Dafür braucht man viele Monate. Bei uns ist jedes Detail handgemacht“, sagt Nonn, der in seiner Heimatstadt auch den Rosenmontagszug moderiert.
Auf der Insel im Fühlinger See findet sich neben verschiedenen Bühnen eine kleine mittelalterliche Kirmes. Dazu gehört auch ein kleines handbetriebenes Holzkarussell. „Das haben wir in etwa anderthalb Jahren selbst gebaut. Die Fässer in bzw. auf denen die Kinder fahren können, sind echte kleine Weinfässer“, sagt Cornelia Kretschmar, während ihr Sohn Robin (2) ein Fasspferd namens Conny besteigt.
Gekämpft wird auf der Insel ebenfalls. Allerdings sind die Begegnungen mit Beil und Schwert eher komische Einlagen und für die Akteure aus Tschechien besteht keine Gefahr für Leib und Leben. Sicher sind auch die Ritter mit ihren schweren Rüstungen. Dazu zählt auch Jürgen Eß aus der Eifel. „Ohne Hilfe komme ich nicht in meine 20 Kilo schwere Rüstung, die Schnallen am Rücken und an den Seiten sind nur schwer mit der Hand erreichbar. Trage ich auch noch ein Kettenhemd kommen noch mal zwölf Kilo dazu.“ Billig ist dieses Hobby allerdings nicht — zwischen 500 und 8000 Euro kostet eine Rüstung.“Das hängt von der Qualität und der Herkunft ab. Meine Rüstung stammt aus Ungarn und hat mit Zoll 700 Euro gekostet.“
Doch Ritter sind nicht die einzigen die am Fühlinger See unterwegs sind. Da findet sich auch mal ein Römer oder ein barocker Adliger unter den Mittelalter-Leuten. Stark vertreten ist die Gruppe der Steampunks. Dazu zählen auch Stephan von Zechstetten und Sabine Adriane Copperhead-Verrier. „Wir setzen beim MPS auf das P wie Phantasie und werden immer mehr hier beim Festival. Das Kostüm ist selbst gemacht und besteht vor allem aus alten Dingen, die, wie der Rucksack aus einer alten Wanduhr, eine neue Bedeutung bekommen“, sagt die Brühlerin.