Debütroman von Franka Potente: Aus der Lebenswelt der Mittelschicht
Frau weg, Job weg, die Frage nach dem Warum. Franka Potente beeindruckt mit ihrem ersten Roman und macht Hoffnung auf mehr.
München. Die Schauspielerin Franka Potente hat mit „Allmählich wird es Tag“ ihren ersten Roman vorgelegt. Sachlich doch zugleich gefühlvoll ist darin ein Mann in den Endvierzigern beschrieben, der auf einen Schlag seinen Job und seine Ehefrau verliert: Benommen von Schmerz, Alkohol und Drogen sucht er nach Antworten. Die Autorin wirft ein Schlaglicht auf die Folgen der Finanzkrise und verwebt das mit der Lebenswelt der Mittelklasse-Schicht. Es ist aber auch eine Geschichte über die Kraft der Veränderung. Potente (39) macht Hoffnung, dass es nicht bei diesem einen Roman bleiben wird.
„Wie ein gefällter Baum lag er da“ — das ist die erste Beschreibung von Protagonist Tim Wilkins. Ein 49 Jahre alter Investmentberater, der seit fast 30 Jahren in seinem Haus in Los Angeles lebt. Irgendwann hatten er und seine Ehefrau Liz einen Pool anbauen lassen. Freunde und Golfen. Ihr Sohn Derek wuchs hier auf, heute erfolgreich im Filmgeschäft tätig. Das ist das Leben an der Oberfläche.
Darunter? Tim muss kramen, lange kramen, bevor er vordringt. Er ist betäubt vom Alltag, kann sich an vieles nicht erinnern, und die Ehe — Alltag eben. Jetzt ist Liz seit Tagen weg: „Am Sonntag war sie in das große Auto gestiegen. Er selbst hatte am Fenster gestanden. Das Bild einer gebräunten Männerhand, souverän und ruhig auf dem Steuer ruhend, hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt.“ Lähmender Schmerz überkommt Tim, aber er beginnt nicht, um Liz zu kämpfen. Stattdessen: Alkohol, Drogen, Sex, laute Musik. Fertigsuppen und Chips. Die Sprache wird härter.
Potente, bekannt aus „Lola rennt“ und „Elementarteilchen“, arbeitet mit Zeitsprüngen und vielen Spannungsbögen. Der Roman wird mit einem Vorgriff eingeleitet, der aus dem hinteren Teil entlehnt ist. Als Tim regungslos am Pool liegt, nachdem er die Möbel hineingeworfen und angezündet hat. Verwirrung, ist er tot? Weiterer Spannungstrick: Der Leser erwartet eine Begegnung zwischen Tim und seiner Frau — Potente spannt ihn auf die Folter. Nach und nach lässt sie ihren Protagonisten so in einer Art Zwischenwelt zwischen dem Gestern und dem Morgen eine Entwicklung durchleben — Tim beginnt zu begreifen, und irgendwann schöpft er Hoffnung auf bessere Zeiten.
“ Franka Potente: „Allmählich wird es Tag“, Piper Verlag, 304 Seiten, 19,99 Euro