Interview: Viele Jungs finden Lesen uncool
Der männliche Nachwuchs-Leser braucht beim Schmökern Helden und Fantasy.
Berlin. Viele Jungs lesen kaum. Seit Jahren versuchen Leseförder-Organisationen, den männlichen Nachwuchs mit speziellen Jungs-Büchern zu locken. Denn „Jungs ticken anders“, sagt Christine Kranz, Referentin bei der Stiftung Lesen, zum Internationalen Kinderbuchtag am Samstag.
Frau Kranz, warum lesen Jungs eigentlich weniger als Mädchen?
Kranz: Jungs erleben meist von klein auf, dass Lesen „weiblich“ ist. Sie sehen es bei der Mutter, der Oma, der Lehrerin. Vielen gilt es daher als uncool und „Weiberkram“. Zudem gibt es zwei „Leseknicks“ — einen mit acht und einen mit zwölf Jahren, da lässt das Interesse spürbar nach.
Gibt es inzwischen mehr gute Jungs-Bücher?
Kranz: Ja, da hat sich richtig viel getan. Auch Helden wie Harry Potter haben da viel geleistet. Jungen brauchen eine männliche Identifikationsfigur und lieben Fantasygeschichten. Gerade Serien und Mehrteiler sind perfekt für die Leseförderung von Jungs. Sie kennen die Hauptfiguren und müssen sich nicht lange einlesen. Auch „Artemis Fowl“ von Eoin Colfer geht gut und „Gregs Tagebuch“ — kurze, aufgelockerte Texte, gern mit Bildern.
Das klingt nicht besonders schmeichelhaft für die Jungs.
Kranz: Jungs stehen dafür eher auf aufwendige Sachbücher als die Mädchen. Jungs sind oft Detail-interessierter, wollen genau wissen, wie das Feuerwehrauto funktioniert oder die Dinosaurierarten heißen.
Könnten iPad, E-Books und sogenannte Vorlesestifte die Jungs zum Buch bringen?
Kranz: Das ist eine von vielen Möglichkeiten. Auch die Bilderbuch-Apps finde ich gut. Aber es sollte immer eine Ergänzung sein, kein Ersatz. Für Mädchen sind sie natürlich genauso gedacht.
Sie haben selbst vier Jungs. Lesen die denn?
Kranz: Drei davon ja — ich arbeite daran.