Mexikanischer Schriftsteller Carlos Fuentes gestorben

Mexiko-Stadt (dpa) - Der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes, einer der größten lateinamerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, ist tot. Er starb überraschend am Dienstag im Alter von 83 Jahren in Mexiko-Stadt.

Staatspräsident Felipe Calderón bedauerte den Verlust des „geliebten und bewunderten“ Autors.

Fuentes gehörte zu den ganz Großen der spanischsprachigen Gegenwartsliteratur und wurde oft in einem Atemzug mit den Nobelpreisträgern Gabriel García Márquez (85) oder Octavio Paz (1914-1998) genannt. Wie viele mexikanische Dichter setzte er sich in seinem Schaffen in erster Linie mit der Geschichte seines Landes auseinander, um dessen Vergangenheit zu analysieren, diese mit der Gegenwart zu konfrontieren und die Frage nach der mexikanischen Identität zu beantworten.

Nach Aussage seines Arztes starb Fuentes an einer inneren Blutung im Verdauungstrakt. Wie der Gastroenterologe Arturo Ballesteros mexikanischen Medien sagte, war Fuentes im Bad seines Hauses im Süden von Mexiko-Stadt zusammengebrochen, nachdem er Blut gespuckt hatte. Er wurde in das nahe gelegene Krankenhaus Ángeles del Pedregal gebracht, wo er kurz darauf verstarb. Ursache der Blutung sei vermutlich ein Magengeschwür gewesen.

Der Tod kam für die mexikanische Öffentlichkeit überraschend, denn bis dahin war nichts von gesundheitlichen Problemen des Autors bekanntgewesen. Noch Anfang Mai hatte Fuentes an der Internationalen Buchmesse in Buenos Aires teilgenommen.

Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa würdigte Person und Werk seines Kollegen. „Ich habe ihn vor 50 Jahren kennengelernt. Seither waren wir Freunde und nichts hat diese Freundschaft jemals getrübt“, schrieb der Literatur-Nobelpreisträger in der Nacht zum Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter über das Konto seiner Tochter Morgana. „Er hinterlässt ein gewaltiges Werk, das ein ausdrucksvolles Zeugnis aller großen politischen Probleme und des kulturellen Lebens unserer Zeit darstellt“, ergänzte der 76-jährige Autor („Der Traum des Kelten“).

Eines von Fuentes wichtigsten Büchern, der 1962 erschienene Roman „La muerte de Artemio Cruz“ (Deutscher Titel: „Nichts als das Leben“), schildert stilistisch brillant die blutige Geschichte der mexikanischen Revolution und geht bitter mit dem Verrat an deren Idealen ins Gericht. Zugleich schildert er den moralischen Verfall derjenigen, die dank der Revolution zu Reichtum und Macht kamen.

Fuentes, der nach eigenen Worten am liebsten in den Morgenstunden in die Tasten oder zum Füllfederhalter griff, um nachmittags „zu lesen, ins Kino zu gehen, Freunde zu treffen, Kaffee zu trinken...“, schrieb nicht immer so düster und schwer wie in seinem Hauptwerk „Terra Nostra“. In dem Roman „Christóbal Nonato“ zum Beispiel beschrieb er durchaus humoristisch das Alltagsleben Mexikos, seine Politik und seine sozialen Strukturen.

Obwohl Mexiko in den meisten seiner Romane, Erzählungen oder Essays die Hauptrolle spielte, entschied sich der in Panama geborene Diplomatensohn, der erst als 16-Jähriger zum ersten Mal in das Land seiner Eltern kam, für räumliche Distanz. Er war Botschafter in Paris, lehrte lange an den Universitäten Harvard und Columbia in den USA und besaß Wohnungen in Buenos Aires, Madrid oder London.

Stark beeinflusst wurde Fuentes - der Cervantes' „Don Quijote“ liebte - auch von der deutschen Literatur, nach seiner Meinung die „reichste des 20. Jahrhunderts“. Thomas Manns „Doktor Faustus“ sei für ihn „vielleicht der größte europäische Roman“.

Fuentes war immer auch ein politischer Mensch, mit gewissen Sympathien für den Sozialismus. Das kommunistische Regime in Kuba kritisierte er aber ebenso entschieden wie den linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez in Venezuela, den er einmal einen „tropischen Mussolini“ nannte. Fuentes bezeichnete sich als Freund des früheren US-Präsidenten Bill Clinton und als „Feind“ von dessen Nachfolger George W. Bush.