Ulrich Greiner: Keine Kampagne gegen Christa Wolf
Hamburg (dpa) - Der frühere „Zeit“-Feuilletonchef Ulrich Greiner hat den von Günter Grass geäußerten Vorwurf einer Rufmord-Kampagne gegen die Schriftstellerin Christa Wolf zurückgewiesen. In der „Zeit“ habe es 1990 zu Christa Wolfs Erzählung „Was bleibt“ einen Pro- und einen Kontra-Artikel gegeben, sagte Greiner am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
In einem journalistischen Pro-und-Kontra-Format sei es üblich, dass der jeweilige Beitrag nur die positiven beziehungsweise negativen Argumente bringe. Er habe damals den Kontra-Artikel zu der Erzählung geschrieben und Volker Hage den Pro-Beitrag, sagte Greiner.
Noch im selben Jahre habe Wolf ihn bei einem Autorentreffen im Cecilienhof in Potsdam angesprochen. Ihm sei dabei zunächst etwas klamm gewesen. Aber Wolf habe gesagt, sie sei ihm nicht böse, denn es habe sich um einen literaturkritischen Text gehandelt. Damit könne sie umgehen, zitierte Greiner nach seiner Erinnerung Wolf.
Grass' Vorwurf einer Pressekampagne sei, was die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Die Zeit“ betreffe, haltlos, sagte Greiner. Es habe zwischen Frank Schirrmacher von der FAZ und ihm vor den Artikeln keinerlei Gespräche über Wolfs Erzählung gegeben. Er habe Wolf damals angeboten, sich in der „Zeit“ zu äußern. Darauf sei die Schriftstellerin nicht eingegangen. Grass habe in der „Zeit“ Platz bekommen, „mich anzugreifen“, sagte Greiner. „Ich wüsste nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte“, sagte er zu einer entsprechenden Forderung von Grass.
Wolf war am Dienstag in Berlin beerdigt worden. Am Abend warf Grass bei der Gedenkfeier in der Akademie der Künste in seiner Trauerrede einigen Medien „Niedertracht und Vernichtungswillen“ gegen Wolf vor.
Gespräch: Matthias Hoenig, dpa