Der Bürger spricht selbst
Das australische Back to Back Theatre holt im Düsseldorfer Schauspielhaus lauter Freiwillige vor die Kamera.
Düsseldorf. Wer neu in einer Stadt ist, versucht erst einmal, Leute kennenzulernen und Freunde zu finden. Düsseldorfs neuer Schauspielintendant Staffan Holm hat sich dazu Hilfe aus Australien geholt.
Das Back to Back Theatre ist mit seinem Projekt „The Democratic Set“ auf Europatournee und macht Ende Oktober am Rhein Station. Der Titel klingt nach einem Werkzeugkasten für das Gemeinwesen, tatsächlich braucht die Truppe nicht mehr als einen Holzkasten, eine Kamera und einige Freiwillige.
Als das Back to Back Theatre im Mai in Basel gastierte, hatten sie ihren 3m x 3m x 3m großen Holzwürfel in der Klingental-Turnhalle aufgebaut. Jeder Interessierte durfte in der Box zehn Sekunden lang nach Lust und Laune vor einer Kamera agieren.
Dabei waren auch der 34-jährige Niklaus und die 28-jährige Sieglinde, die ihr erstes Kind erwarten. Ihre Idee: Sich bis auf die Unterwäsche ausziehen.
Mit professionellen Kommandos schleuste Regisseurin Marcia Ferguson das Paar durch drei Stufen der Verwandlung und schuf ein Bild von Unschuld und Vertrautheit samt künstlerischer Dokumentation der Schwangerschaft.
Die gesammelten Auftritte wurden zum Film geschnitten und öffentlich gezeigt. Demokratie, sagt Bruce Gladwin, der künstlerische Leiter des Theatre, erlaubt den Menschen, „gesehen und gehört zu werden, eine Stimme zu haben und beachtet zu werden“.
Seit 22 Jahren arbeiten beim Back to Back Theatre, das in der südaustralischen Hafenstadt Geelong beheimatet ist, geistig Behinderte mit Nicht-Behinderten zusammen. Gemeinsamer Nenner ihrer Produktionen sind grundsätzliche Fragen nach gesellschaftlichem Ein- und Ausschluss und wie dies von Einzelnen wahrgenommen wird.
In ihren beeindruckendsten Stücken lösen sich die Grenzen zwischen Theater und Alltag, sozialer und theatraler Rolle auf. Demokratie ist untrennbar mit Repräsentation verbunden. Doch am besten ist immer noch, wenn der Bürger selbst spricht.