Die Lust am kultischen Dezibel-Rausch

In der Kölner Philharmonie haut die japanische Truppe Yamato auf die Pauke.

Köln. Wenn von Trommeln die Rede ist, dann fühlen Kölner sich angesprochen. "Wenn die Trommel geht, dann stehen wir alle parat", heißt es in einem ihrer Karnevalsschlager. Und unvermeidlich mündet das Lied in ein kollektives "Kölle alaaf!" Die japanische Gruppe Yamato, die jetzt in die Domstadt eingefallen ist, um das Sommerloch mit ihren Riesentrommeln zu füllen, rannte bei der Premiere ihrer Show "Matsuri" offene Türen ein.

Standing Ovations für zehn attraktive junge Japaner mit cool muskulös gestählten Oberarmen, die sich zwei Stunden lang auch durch die allerletzten Fasern der Körper ihrer Zuhörer hämmerten. Die standen am Schluss begeistert auf, klatschten mit, was die rhythmische Auffassungsgabe hergab und riefen auf Kommando auch, nein, nicht "Alaaf", aber immerhin "ho" und "hey".

Yamato in Köln, das ist eine Art Selbstversuch. Am Anfang geht es schlicht darum, über die Belastbarkeit des eigenen Trommelfells (das im Ohr) zu staunen. Wer den natürlichen Fluchtmechanismus ob der Dezibelhämmer, die auf einen niederprasseln, abgewehrt hat, der kann damit beginnen, sich auf die Rhythmen der vier Frauen und sechs Männer im besten Trommleralter einzulassen.

Schon ihre Instrumente sind Attraktionen: Die größte der so genannten Taiko-Trommeln könnte einem Kleinwagen als Garage Platz bieten, die kleinste Trommel passt locker auf den Gepäckträger des Fahrrads. Die Tradition, in der die Ensemble-Trommelei steht, reicht auf religiöse Feste zurück.

Rituelle Wiederholungen und die Erneuerung der heiligen Ordnung sind Stichworte, die in diesen Kontext gehören. Bei Yamato geht es um das Trommeln als kultische Handlung. Das ist der Rhythmus, wo der Japaner mit muss. Und der gemütliche Rheinländer? Der muss erst mal kapieren, dass er sein Japanbild korrigieren darf: Denn hier geht es nicht dezent und beflissen zu, sondern wild und extrovertiert.

Aber mit Ekstase ist trotzdem Essig. Ein Abgrooven wie bei einer gepflegten Technoparty ist nicht möglich. Zu wechselhaft, zu launig und theatralisch ist die Show der Japaner. Rumhüpfen geht auch nicht, erstens wegen der Sitznachbarn, zweitens wegen der viel zu komplexen Rhythmen.

Wenn man sich mal von der lästigen Frage gelöst hat, welche künstlerische Botschaft die muntere Truppe in der kulinarischen Deko vermitteln will, kann man sich ganz auf die Bizepse der vier jungen Frauen konzentrieren, ihre Girl-Group-Attitüde dazu.

Und in Bezug auf die sechs smarten jungen Männer entfuhr es einer Zuschauerin: "Ich wusste gar nicht, dass Japaner so sexy sein können." Besser könnte das ein Rezensent auch nicht sagen.