Falscher Schädel in Schillers Grab
Wissenschaft: Neueste DNA-Untersuchungen bringen es jetzt ans Licht.
Weimar/Hamburg. Im Sarg von Friedrich Schiller liegen nach wissenschaftlichen Untersuchungen weder der Schädel noch die Gebeine des großen Dichters. Die DNA des Totenschädels aus dem Sarkophag in der Weimarer Fürstengruft stimme nicht mit der von engsten Verwandten Schillers überein, erklärte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), der mit der Klassik Stiftung Weimar die Untersuchungen in Auftrag gegeben hatte.
Auch ein zweiter Schädel aus der Fürstengruft und das Skelett im Sarkophag stammten demnach nicht von dem Dichter. Historiker vermuten, dass das wahre Haupt Schillers von Schädeljägern gestohlen wurde.
Bislang wurden laut MDR die zwei nun untersuchten Schädel in der Fürstengruft dem Dichter zugeschrieben: Jener im Sarkophag von 1826 sowie der so genannte Froriep-Schädel, der 1911 von dem Anatom August von Froriep ausgegraben worden war. Deren DNA habe jedoch weder weiblicher- noch männlicherseits der Schiller-Familie mit Vergleichspersonen übereingestimmt, teilte der MDR mit.
Die Wissenschaftler hatten für die Untersuchungen unter anderem die sterblichen Überreste von zwei Schwestern und zwei Söhnen Schillers exhumiert. Wem der Schädel aus dem Sarkophag wirklich gehöre, habe nicht geklärt werden können, hieß es. Der Froriep-Schädel hingegen stamme von Louise von Göchhausen, der Ersten Hofdama von Herzogin Anna-Amalia. Dies hätten Anthropologen mittels modernster Gesichtsrekonstruktion und Vergleichen herausgefunden.
Die Forscher hätten zudem klären können, dass das Skelett in Schillers Sarg von mehreren Menschen stamme. Der Präsident der Klassik Stiftung, Hellmut Seemann, zeigte sich über das Untersuchungsergebnis überrascht. Zu Beginn der Untersuchungen sei er sicher gewesen, dass es sich bei dem Totenschädel um den von Schiller handele. Nun sei das Gegenteil bewiesen. Dennoch sei er "glücklich, dass es ein eindeutiges Ergebnis ist", sagte er laut MDR.
Seemann zufolge könnten sich die wahren sterblichen Überreste von Schiller auf dem Jacobsfriedhof in Weimar befinden, wo der Dichter 1805 im Kassengewölbe beigesetzt worden war. Der Schädel aus dem Sarkophag war wegen seiner großen Ähnlichkeit mit Totenmaske und Porträts des Dichters 180 Jahre lang für echt gehalten.
Nach dem Ergebnis der DNA-Analysen in der Fürstengruft sagte die Freiburger Anthropologin Ursula Wittwer-Backofen, die bei den Untersuchungen mitwirkte: "Ein so exakter Doppelgänger kann nicht zufällig in den Sarg gekommen sein." Der ebenfalls an den Untersuchungen beteiligte Historiker Ralf Jahn vermutet, Schillers Kopf könne schon im 19. Jahrhundert von einem Schädeljäger gestohlen und durch einen sehr ähnlichen ersetzt worden.