Hollywood im Ruhrgebiet

Festival: Kevin Spacey und Jeff Goldblum sind die Stars der Ruhrfestspiele, die mit einem Stück von David Mamet eröffnet wurden.

Recklinghausen. "Recklingwood" war das Zauberwort des Abends. Bereits im Vorfeld signalisierte es auf Werbeplakaten, dass die Traumfabrik in Recklinghausen Einzug hält. Seit Samstag träumt man hier gemeinschaftlich. Denn zwei Hollywoodstars geben sich auf dem Grünen Hügel des Ruhrgebiets die Ehre: Kevin Spacey und Jeff Goldblum eröffneten mit dem Stück "Speed-the-Plow" ("Die Gunst der Stunde") die diesjährigen Ruhrfestspiele. US-Dramatiker, Drehbuchautor und Regisseur Mamet hält darin dem zwischen Kunst und Kommerz changierenden Filmbusiness auf zynische Weise einen Spiegel vor.

Amerika ist der thematische Schwerpunkt des diesjährigen Festivals, das wie immer unter seinem Leiter Frank Hoffmann bereits im Vorfeld zu 80 Prozent ausverkauft war. Man pilgert eben gerne in dieses gläsern-erhabene Festspielhaus, umgeben vom Grün des Stadtparks, und zu einem Theaterfestival, das selbst virtuos auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Kommerz wandelt.

Und wieder ist den Ruhrfestspielen ein Auftakt mit Paukenschlag geglückt. Selten waren die Medien derart massiv angerückt als bei dieser Premiere, bei der man Leinwandgrößen auf der Bühne hautnah erleben konnte. Als Stars zum Anfassen gaben sich die beiden Freunde schon bei der Pressekonferenz: Ganz die professionellen Entertainer, plauderten sie lustvoll aufgedreht über ihre gemeinsame Theaterarbeit an dem von Spacey geleiteten Old Vic Theatre in London, ihre Bemühungen für den Nachwuchs (sie geben Workshops) und über die Wahl der richtigen Rollen.

Spacey, der zweimalige Oscar-Gewinner ("Die üblichen Verdächtigen", "American Beauty") ist derzeit durch den Blockbuster "21" wieder im Kino präsent. Doch er gesteht, dass Theater seine erste Liebe war: "Theater hat einen athletischen Aspekt. Theater ist organisch. Im Film spielt man immer nur Stückchen einer Rolle, die der Regisseur und der Schnitt erst am Ende zusammen fügt. Im Theater kann sich etwas entwickeln." Während Spacey für den seriösen Part sorgt, gibt Goldblum ("Die Fliege", "Independance Day") den Pausenclown und rollt keck mit den Augen, wenn seine etwas unstrukturierten Antworten, die er mit großen Gesten vorträgt, ins Deutsche übersetzt werden.

Bei so viel Unterhaltungswert macht es dann kaum etwas, dass die Auftaktpremiere kein wirklicher künstlerischer Höhepunkt wird. Die Regie von Matthew Warchus bietet keinen überzeugenden Zugriff auf das etwas schablonenhaft entworfene Stück.

Es erzählt von Studioboss Bobby (Goldblum), der gemeinsam mit Kumpel Charlie einen Actionfilm drehen will, der viel Geld verspricht. Als ihm seine Aushilfssekretärin (Laura Michelle Kelly) einen anspruchsvollen Stoff anbietet, kommt er ins Wanken. Charlie wirft ihm vor, eine Nutte zu sein, "die meint, sie wäre eine Ballerina". Typisch Mamet, fungieren die schnellen Dialoge als scharfe Waffen für einen verbalen Schlagabtausch.

Goldblum zappelt oft schlaksig auf der sehr konservativ realistisch gestalteten Bühne herum und wirkt manchmal etwas unbeholfen und überfordert mit den großen emotionalen Brüchen in seiner Figur. Der souveräne Kevin Spacey nimmt dagegen schnell für sich ein, spielt mit seinen Wut- und Brüllattacken die anderen an die Wand der engen Guckkastenbühne, die auf der großen Bühne von Recklinghausen etwas verloren wirkt.

Doch "Speed-the-Plow" ist erwartungsgemäß ein kommerziell höchst erfolgreicher Auftakt der Ruhrfestspiele. Für die zehn Vorstellungen gibt es nur noch Restkarten. Und wenn man in dieser Woche zwei Herren mit Sonnenbrillen und Mützen vor einer Trinkhalle stehen sieht, sollte man die Handy-Kamera gezückt halten: Es könnten Stars sein. "Recklingwood" ist schließlich überall. Und erhält noch mehr Glamour: Nächstes Wochenende wird Cate Blanchett erwartet, die ihre Inszenierung "Blackbird" präsentiert.