Im Wahn der Wirtschaftskrise
Das Düsseldorfer Kom(m)ödchen karikiert mit „Sushie. Ein Requiem“ den ach so untergangsbedrohten Mittelstand.
Düsseldorf. Es ist das erfolgreichste Kom(m)ödchen-Stück aller Zeiten: 450 Mal zeigte das Ensemble des Düsseldorfer Traditionskabaretts seit September 2006 "Couch. Ein Heimatabend". So wundert es nicht, dass man fürs neue Programm "Sushi. Ein Requiem" dessen Grundidee beibehalten hat. Wieder steht Christian Ehring als Kabarettist im Zentrum einer Hausgemeinschaft neurotischer Mittelständler, die zwang- bis wahnhaft ihre eher bescheidenen Positionen zu verteidigen suchen, während die Gesellschaft in der Krise steckt.
Neben Ehring konnte wieder Grimmepreisträger Dietmar Jacobs als Ko-Autor gewonnen werden, Regie führte abermals Hans Holzbecher. Während Ehring in der Rolle des Kabarettisten verharrt, geben Heiko Seidel und Maike Kühl mehrere Figuren: drei mehr oder weniger erfolgreiche, aber sozial verwahrloste Singles, ein überfordertes Elternpaar, das schon an der Karriere seiner Kinder feilt, und diese Kinder, die über den Ehrgeiz ihrer Eltern spotten.
Manager Sandro verzweifelt an Kabarettist Christian. Der ist sein bestes Pferd im Stall und hat die Chance seines Künstlerlebens: Er soll im ZDF-Fernsehgarten auftreten. Aber Christian ist entnervt von einem Drohbrief, will den Auftritt absagen. "Das ist doch nur Fanpost", behauptet Sandro, aber Christian lässt sich nicht beruhigen.
Eine ganz aktuell typische Vertreterin des existenzbedrohten Mittelstands ist Sarah. Die Risikoanalystin arbeitet bei der finanzkrisengebeutelten Hypo Real Estate, bereitet sich auf ihr Bewerbungsgespräch bei der Deutschen Bank vor. "Ich muss alles können", lautet ihre Maxime. Später wird sie sich Fältchen wegspritzen lassen, um gegen jüngere Mitbewerberinnen bestehen zu können. Kotzbrocken Elmar ist McKinsey-Angestellter und "schon durch", wie er behauptet. Daher predigt er auch Verzicht: "Ich habe in meinem Porsche keinen Beifahrer-Airbag mehr."
Das Ehepaar Birte und Hajo entlockt einem nur noch Schadenfreude. Sie ist die dauerübermüdete Ärztin, die in Christians Wohnung die Ruhe für einen Sekundenschlaf sucht, er ist der überforderte Hausmann, der aus Angst vor Unfällen einen Fahrradhelm trägt. Beide tun "alles für die Kinder", denen man als Grundstein für die Karriere schon mal intelligent klingende Namen gegeben hat: Melusine und Quintus. Als diese sind Kühl und Seidel vielleicht am komischsten. "Ihr habt Angst vor Extremisten, dabei seid ihr selbst im ADAC", lautet eine ihrer entlarvenden Feststellungen.
Überzogene, dennoch lebensnahe Charaktere, gute Songs und eine hohe Gagdichte - die Zutaten stimmen. "Sushi" könnte den Erfolg von "Couch" fortsetzen. Ein Publikum, das im Kabarett nicht mehr die übergreifende Analyse, sondern die komische Widerspiegelung der eigenen Befindlichkeit sucht, hatte man mit "Couch" ja schon gefunden.
150 Minuten, Auff.: 12. bis 15., 20. bis 22., 25., 27. bis 29. Januar. Karten: Tel. 0211/329443.