Jelinek schreibt Bühnenstück zum NSU-Prozess

München (dpa) - Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek (67) schreibt ein Bühnenstück über den NSU-Prozess. Die Münchner Kammerspiele eröffnen ihre kommende Spielzeit mit der Uraufführung des Werkes, das den Titel „Das schweigende Mädchen“ trägt.

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Handlungsort ist der Gerichtssaal.

„Es ist wie immer bei Jelinek eine Riesen-Arbeit“, sagte Kammerspiel-Intendant Johan Simons, der das Stück als Regisseur auf die Bühne bringen wird, am Donnerstag. „Zwischen Prozessprotokollen, Medienberichten und literarischen Referenzen wagt sie einen tiefen Blick ins Unbewusste der deutschen Seele“, kündigte das Theater an.

Jelineks Stück ist nicht der erste Versuch, sich theatralisch mit den Taten der Terrorgruppe auseinanderzusetzen. Im Münchner Residenztheater kam bereits in dieser Spielzeit das Stück „Urteile“ über die Münchner NSU-Morde auf die Bühne. Auch in Frankfurt/Main, Karlsruhe und Köln gab es Uraufführungen.

„Eine Werwolf-Mordserie ist einem nie als das Mögliche erschienen“, sagte Jelinek in einem Interview mit Simons für das Spielzeitheft. „Man hatte sich eigentlich schon in Sicherheit gewiegt und die Neonazis fast als Folklore betrachtet.“

Sie habe „den Medien und ihren Fantasien von einer türkischen Mafia geglaubt“, sagte Jelinek weiter. „Wenn diese unglaublichen Lügen, die da verbreitet wurden (...), für wahr verkauft werden konnten, auch mir, die ich mir bis dahin immer eingebildet habe, ein kritischer Mensch zu sein, dann ist alles wahr und gleichzeitig alles gelogen.“

Der Prozess um die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) mit der schweigenden Hauptangeklagten Beate Zschäpe läuft bereits seit mehr als einem Jahr vor dem Münchner Oberlandesgericht.

Die kommende Saison ist für die Kammerspiele die letzte der Intendanz Simons. Der Niederländer wird 2015 neuer Chef der Ruhrtriennale. Er habe wieder näher bei seiner Familie sein wollen, gab er als Grund für den Wechsel an. Sein Nachfolger in München wird der Berliner Matthias Lilienthal.

Mit „Das schweigende Mädchen“ inszeniert er seine vierte Jelinek-Arbeit, sagte Simons. Außerdem arbeitet er in der kommenden Spielzeit mit Gerhard Polt und den Well-Brüdern zusammen. „Ich muss folgen, der macht seine eigene Sache“, sagte Simons über Polt.