Kulturpolitik: Warmer Regen für die Theater?

Nach einem Hilferuf der Intendanten erwägt das Land, mehr Geld zu geben.

Düsseldorf. Wenn Stadtkämmerer verzweifelt nach den letzten Sparpotenzialen fahnden, stoßen sie immer öfter auf die Theater. So beliebt und gelobt die Bühnen in Essen, Oberhausen, Wuppertal, Hagen oder am Niederrhein auch sein mögen: Sie sind für die notleidenden Kommunen im Land nur freiwillige Leistungen. Nicht erst seit der jüngsten Eskalation in Wuppertal fürchten Experten ein Theatersterben in NRW.

Es könnte sein, dass all die Hilferufe von Bürgern, Kulturschaffenden und Lokalpolitikern langsam doch noch nach Düsseldorf durchdringen. Wenige Tage vor der Landtagswahl deutet sich eine große Koalition der Kultur an. Gemeinsam möchten CDU, SPD und Grüne einen Theaterpakt schnüren - nicht wie bisher mit guten Worten, sondern mit Geld.

Noch am Dienstag hatten die NRW-Intendanten in einer Resolution genau das gefordert (siehe Kasten). "Mindestens 20 Prozent" der städtischen Zuschüsse für die Theater solle künftig das Land übernehmen." Bisher sind es nur geschätzte drei bis fünf Prozent. Der Aufwand liegt pro Stadt bei mehreren Millionen Euro.

Über Zahlen mag zwar in der Politik noch niemand sprechen, doch dass der Anteil des Landes steigen muss, scheint nun unstrittig. "Die einmalige Theaterlandschaft in NRW darf nicht zerstört werden", sagt der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Oliver Keymis. Nachdem ein erster Vorstoß von Kulturstaatssekretär Michael Grosse-Brockhoff vor Jahresfrist verpufft war, ruft Keymis den "Theaterpakt 2.0" aus.

Auch Fritz Behrens (SPD) will die Kulturfinanzierung "auf neue Beine stellen", um die Theaterlandschaft in NRW zu erhalten. Dass es auf die geforderten 20 Prozent hinauslaufen könnte, möchte er nicht bestätigen: "Aber über diese Größenordnung wird man reden müssen."

Auch in der CDU deutet sich Bewegung an: "Es steht außer Frage, dass wir in diesem Punkt etwas tun werden", sagt der kulturpolitische Sprecher Thomas Sternberg. Für den Vorschlag des Städtetages, die Landesmittel für die Theater künftig zu verdoppeln, hat Sternberg "eine Menge Sympathie". Wichtig sei jedoch, "dass die Zuschüsse wirklich bei den Theatern ankommen."

Hier könnte die Krux liegen. Denn die Kommunen versprechen sich durch Hilfe des Landes durchaus eine Entlastung ihrer Haushalte - und ein Ende der Debatten um Schließungen. "20 Prozent Landeszuschuss würde den Druck wegnehmen", sagt Krefelds Kulturdezernent Roland Schneider (SPD). "Horrorszenarien wären vom Tisch."

Ob das auch für das von der Schließung bedrohte Wuppertaler Schauspielhaus gilt, ist fraglich. Der dortige Kulturdezernent Matthias Nocke (CDU) jedenfalls reagiert zurückhaltend. Er könne sich nicht vorstellen, dass das Land Strukturen im Theaterbereich finanzieren werde, die von sich aus nicht überlebensfähig seien. Eine Aufstockung der Förderung werde - unter Beibehaltung kultureller Vielfalt - mit Auflagen verbunden sein, zum Beispiel der Pflicht zur interkommunalen Zusammenarbeit.

Düsseldorfs Schauspiel-Intendantin Amélie Niermeyer erklärt: "Wir unterstützen die Resolution und würden es begrüßen, wenn das Land bereit wäre, Zusagen zu machen. Dies wäre bundesweit ein gutes Signal."

Euphorie dürfte dennoch vorerst fehl am Platz sein. Denn erstens ist am Sonntag Wahl, und zweitens spricht aktuell niemand darüber, wie die Aufstockung der Mittel für die Theater überhaupt finanziert werden könnte.