Premiere in Essen: Die Musik strotzt vor Kraft

Essen zeigt Henzes Oper „Elegie für junge Liebende“.

Essen. Die Hommage an den Komponisten Hans Werner Henze, mit der die "Ruhr.2010" einen der bedeutendsten Musiker der Gegenwart ehrt, fand am Wochenende gleich drei Höhepunkte. Neben einem Ballett in Dortmund und einer Kinderoper in Hagen brachte das Aalto-Theater in Essen die selten gespielte Oper "Elegie für junge Liebende" von 1959-61 (revidiert 1987) zur Neuaufführung.

Im Mittelpunkt der Handlung steht der egomanischer Dichter Gregor, der alle Menschen um sich herum ausbeutet und, wenn es ihm passt, sogar in den Tod treibt. Er wird 60, lebt mit einer jungen Geliebten zusammen und will zu seinem Geburtstag ein großes Gedicht vollenden. Als sich Elisabeth in den Sohn seines Arztes verliebt und ihn verlassen will, schickt er beide auf eine Bergtour und in einem Schneesturm, wo sie umkommen. Die tragische Geschichte verwertet er lyrisch und wird dafür als großes Genie gefeiert.

Die Regie von Karoline Gruber aktualisiert den Stoff nicht. Auch die Personenregie bleibt konventionell. Die Launen des selbstverliebten Poeten wirken so seltsam verstaubt. Dazu kam die die verquaste Übersetzung des Librettos aus dem Englischen voll überladener Poesie in holprigen Reimen. Die Bühne von Roy Spahn und die üppigen Kostüme von Mechthild Seipel unterstützen die Biederkeit der 50er Jahre. Lediglich den dritten Akt umzudeuten und aus dem Täter ein Opfer zu machen, nimmt dem Stück die sarkastische Pointe.

Die Überraschung des Abends liegt in der vor Kraft und Energie strotzenden Musik, die so frisch und jung wirkt, als wäre sie gestern geschrieben. Das Orchester setzt sich aus nur 24 Musikern zusammen. Ein großer Teil ist Schlagwerk, sehr schwirrend und flirrend eingesetzt. Es bringt Klänge hervor, die den Pulsschlag der Protagonisten bis in feinste Regungen nachzeichnen, immer spannend, immer voll unerwarteter Nuancen.

Die wenigen Streicher, die es gibt, haben hohe solistische Qualität und behaupten immer wieder ihren Platz im Klangkörper. Dazu Mandolinen, die Henze besonders schätzt, und ein vielfältiger Bläserapparat.

Mit Noam Zur wurde ein Dirigent gewonnen, der das Optimale aus der Partitur herausholt. Souverän lässt er jedes Instrument zu seinem Recht kommen, ist in dramatischen wie in lyrischen Phasen gleich stark. Auch die Sänger überzeugen ausnahmslos.

2 ½ Std. mit Pause; Folgetermine: 27.4., 29.4., 2.5., 8.5., 7.7. und 16.7.. Tickets unter Tel. 0201/8122-200 oder im Internet.

Orchester und Sänger 5 von 5 Punkten

Inszenierung 3 von 5 Punkten

Bühne und Kostüme 3 von 5 Punkten