Märchenbuch „Der kleine Prinz“ als Ballett uraufgeführt
Mannheim (dpa) - Das zeitgenössische Ballett sucht immer wieder nach Stoffen und bedient sich dabei gerne auch in der Märchenwelt. Die seit über zehn Jahren am Mannheimer Nationaltheater tätige Franko-Kanadierin Dominique Dumais wählte für ihr erstes Handlungsballett die weltberühmte Geschichte „Der kleine Prinz“ nach Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944).
Die sehenswerte, verzaubernde und ausdrucksstarke Uraufführung ihrer Choreographie erhielt am Samstagabend in Mannheim frenetischen Beifall. Besonders viele Mädchen im Grundschulalter waren nach der 140-minütigen Aufführung verzückt.
Der aus Ungarn stammende Prinzendarsteller Dávid Kristóf tanzte sich dabei mit seiner kindlichen Akrobatik und intensiven Bewegungssprache in die Herzen des Publikums. Zu Beginn begegnet der kleine Prinz in der Wüste dem Piloten (Malthe Clemens). Im Rückblick erfährt dieser von einer bizarren Reise des Kindes von Stern zu Stern. Auf den unterschiedlichen Planeten lernt der Prinz extravagante Menschentypen wie die Königin (Julie Pécard), den Trinker (Miguel González Muelas) oder den Laternenanzünder (Luis Eduardo Sayago) kennen.
Im Gespräch werden in der Folge immer wieder existenzielle Fragen des Menschseins angesprochen, die durch den Tanz auf das minimalistische Wüsten-Mond-Weltraum-Bühnenbild mit einfallsreichen Licht- und Videoeffekten transformiert wurden. Um die durch den Tanz ausgedrückte Handlung allerdings komplett verstehen zu können, musste man vorher das Buch gelesen haben.
Die Tanz-Episoden orientierten sich fast komplett am Originaltext und wurden teilweise mit Auftragskompositionen von Julien Guiffes sowie weiteren Arrangements vom Cembalo-Solo bis zur neuen Musik mit Violine und „Röhrenglocke in Cis“ musikalisch kombiniert. Die Tonkombinationen von Guiffes erinnerten stellenweise an esoterische Wellness-Musik, fügten sich aber gut in das unterhaltende Ballettarrangement ein.
Das melancholische Märchen vom kleinen Prinzen erschien 1943 mitten im Zweiten Weltkrieg. Antoine de Saint-Exupéry hatte dieses unter dem Eindruck der französischen Niederlage und des Krieges geschrieben. Ein Jahr später kehrte der Pilot und Schriftsteller von einem Erkundungsflug nicht mehr zurück. Das Wrack seines Flugzeuges wurde im Jahr 2003 bei der Île de Riou in der Nähe der französischen Hafenstadt Marseille geborgen. Fünf Jahre zuvor hatte ein Fischer das Silberarmband des Autoren in seinem Netz in der Nähe der später lokalisierten Absturzstelle entdeckt. „Der kleine Prinz“ wurde in fast alle Sprachen übersetzt und über 80 Millionen Mal verkauft.