Premiere: Mit Strapsen in die Vergangenheit

Im Berliner Admiralspalast feierte das Kultmusical „Rocky Horror Show“ Wiederauferstehung.

Berlin. "It’s just a jump to the left": Manchmal kann es so einfach sein, zurück in die Vergangenheit zu springen. Wer von uns hat nicht in seiner Jugend zum "Time Warp" getanzt? Wie eine Zeitmaschine versetzt einen die "Rocky Horror Show" zurück in die 70er. Die Neuinszenierung von Richard O’ Briens Originalshow feierte nun umjubelte Premiere im Berliner Admiralspalast. Im Februar kommt die Bühnenfassung auch nach Düsseldorf.

"Don’t dream it, be it": Das ließen sich viele Besucher des Kultmusicals von 1973 nicht zweimal sagen und kamen in Strapsen und Netzstrümpfen. Man musste zu Hause nicht einmal Wasserpistolen und Karten suchen. In der Fan-Tasche für acht Euro ist alles drin, was man für eine gelungene Show braucht.

20 Millionen Menschen haben das Bühnenstück gesehen, nochmals hunderte Millionen die Verfilmung mit dem genialen Tim Curry. Das macht jede Neuinszenierung zur Gratwanderung. Man will nicht einfach den Film kopieren, muss aber behutsam mit Neuerungen umgehen, um die Fans nicht zu enttäuschen. Das gelingt Regisseur Sam Buntrock sehr gut. Ausschnitte aus B-Movie-Klassikern wie "House of Monsters" oder "Tarantula" führen ein in die bizarre Welt dieses Transvestitenschlosses, in das sich das brave Paar Brad (Cris Ellis-Stanton) und Janet (Ceri-Lyn Cissone) verirrt.

"Science Fiction Double Feature": Schon beim ersten der immer noch zündenden Songs zeigt sich das Publikum textsicher. Die sechsköpfige Band bringt ihren rockigen Sound druckvoll nach vorne. Videoprojektionen und wenige Kulissenteile verwandeln die Szenerie in die Schlosshalle oder das Labor dieser sexgeschwängerten Parallelwelt. Nur bei Perücken und Kostümen weicht die Neuinszenierung vom Film ab. So ist etwa Frank’n’Furter hier blond. Die volumenreiche Stimme des charismatischen Rob Morton Fowler erinnert aber stark an das Vorbild Tim Curry.

Der Schlossherr lädt zur Geburtsstunde seiner Kreation Rocky (Andrew Gordon-Watkins). Der schlüpft als Schattenriss aus einem Reagenzglas - ein gelungener szenischer Einfall. Andere Szenen sind fast eins zu eins aus dem Film übernommen. Wenn etwa Frank’n’Furter erst Janet, dann Brad verführt, sieht man das auch als Schattenspiel.

"I’m going home": Das Finale gelingt als großartige Hommage an die Filmwelt. Frank’n’Furter, als Marlene Dietrich verkleidet, tanzt mit seinen Schützlingen einen betörenden Federtanz, bis Riff Raff (Stuart Matthew Price) und Magenta (Maria Franzén) ihn in einen sterbenden Schwan verwandeln und auf ihren Planeten Transsexual zurückkehren.

Das Rockmusical wird im englischen Original gespielt. Das macht nichts, denn fast alle kennen die Textzeilen auswendig. Ein deutscher Erzähler soll zwischen den Szenen die Übergänge erklären. In Berlin mimte ihn Martin Semmelrogge und erntete Buhs für seine heruntergeleierten Texte. Gott sei Dank wechselt die Rolle in jeder Stadt. Wer als Erzähler im Düsseldorfer Capitol Theater zu sehen ist, steht noch nicht fest.