Schauspiel: Ein anonymer Machtapparat, den keiner versteht
Das Romanfragment „Das Schloss“ von Franz Kafka als Bühnenversion in Düsseldorf.
Düsseldorf. Was ist Macht? Wer regiert uns? Kann man bis in die Herrschaftszentrale vordringen und vielleicht sogar mitbestimmen, was in dieser Welt geschieht? 1922 schrieb Franz Kafka eine düstere Parabel über seine ersten republikanischen Erfahrungen nach dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie.
"Das Schloss" wird nicht mehr vom alteingesessenen Adel bewohnt, sondern von anonymen Beamten, die mit Erlassen, Verordnungen und uneinsichtigen Gesetzen das Land regieren. Das Schloss wird zu einem Symbol der Undurchdringlichkeit, zu einem irrationalen Machtapparat, dessen Funktionsweise keiner versteht.
Alexander Müller-Elmau hat aus dem Romanfragment eine Theaterversion erarbeitet, die sich auf die Hauptlinien der Erzählung konzentriert. Die Bühne wird zu einer offenen Spielfläche, bevölkert von Schauspielern, die wie in einem Gasthaus an kleinen Tischen sitzen und jeweils in andere Rollen schlüpfen. Daniel Christensen dringt als K. in diese Welt ein, will sich behaupten, wird aber schon bald von den Verhältnissen verschluckt.
Kein Gegenüber ist fassbar, jede Person nur eine temporäre Rolle, selbst die Geliebten Frieda und Pepi werden von derselben Schauspielerin (Lisa Arnold) gespielt. Er landet als Gehilfe in der Dorfschule und verliert allen Boden unter den Füßen.
Zwischen den Schauspielern sitzen Musiker und Sänger. Die verworrene Welt Kafkas wird mit der Musik Gustavs Mahlers konfrontiert. Thomas Hertel und Ville Enkelmann haben die großen Liederzyklen, aber auch die Symphonien nach eingängigen Motiven abgesucht und sie auf sehr originelle Weise arrangiert.
Streicher, Bläser, Schlagwerk und E-Gitarre verzerren Lieder aus "Des Knaben Wunderhorn" oder dem "Fahrenden Gesellen" ins Klezmerhafte. Es ergeben sich poetische Bilder wie bei der ersten Liebesnacht zwischen K. und Frieda, wo sich die E-Gitarre zwischen ihre Körper schiebt und Reibungen zum Klingen bringt. Freundlicher Applaus für einen atmosphärisch dichten Abend.
140 Min., mit Pause, Termine: 18., 24., 25., 28.10. Karten: 0211/36 99 11