„Tanzplattform Deutschland“ auf Kampnagel eröffnet

Hamburg (dpa) - Zwei große Pappstücke liegen auf dem Boden, einige vermummte Tänzer heben sie auf, andere winden sich um sie herum. Zwischendurch knallen sie die Kanten auf den grauen Untergrund, springen oder trippeln über die Bühne.

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Und dazu unverständliche Lautketten, Wortfetzen und kurze Sätze auf einer Projektion im sonst kargen Bühnenbild - mehr gibt der Choreograph William Forsythe seinem Publikum an diesem Donnerstagabend nicht, um sein Stück „Sider“ zu verstehen. Doch der Auftakt der „Tanzplattform Deutschland“ gelingt: Die Zuschauer belohnen das erste Stück des Festivals mit minutenlangem Applaus.

Geht es nach den Organisatoren um Intendantin Amelie Deuflhard, verwandelt sich Kampnagel in den kommenden Tagen zum Dreh- und Angelpunkt der internationalen Tanzwelt. Aktuelle Trends, Kontinuitäten und die besten Produktionen der vergangenen zwei Jahre stehen im Mittelpunkt des viertägigen Treffens.

„Der zeitgenössische Tanz gehört zu den innovativsten aller Kunstsparten“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Eröffnung auf Kampnagel. Und diese Bedeutung habe auch die Politik erkannt: Erstmals sei Tanz in einem Koalitionsvertrag erwähnt, betonte sie.

Grütters unterstrich in ihrer Eröffnungsrede auch die gesellschaftliche Bedeutung des zeitgenössischen Tanzes. Dieser sei ein Schmelztiegel vielerlei unterschiedlicher Einflüsse. Choreographen seien immer auf der Suche nach noch mehr Interdisziplinarität und noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten. „Und die umfassen dann ja alles, nicht nur Emotionen sondern sogar bis hin zum politischen Geschehen.“ Zudem setzten sich die Kompanien ganz selbstverständlich multinational oder multi-ethnisch zusammen. „Etwas das wir für die Gesellschaft immer einfordern ist hier selbstverständlich“, hob die Bundestagsabgeordnete hervor.

Nach 2000 ist es das zweite Mal, dass das Festival in Hamburg gastiert. Der Bund, die Kulturbehörde und Kampnagel haben das Budget von rund 540 000 Euro gemeinsam gestemmt.

Bis Sonntag sind zwölf Produktionen von Weltstars wie Tino Sehgal und Meg Stuart zu sehen. Es gibt auch Diskussionsrunden und Vorträge. Der erste Vorgeschmack zumindest spaltete - William Forsythe hinterließ ein teils euphorisches, teils ratloses Publikum.