Vom schwierigen Bau des „Vogelnestes“

Olympiastadion: „Bird’s Nest“ begleitet die Stararchitekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron.

Düsseldorf. 2002 machten sich die Stararchitekten Herzog & de Meuron nach China auf, um in der Provinzstadt Jinhua für die Olympischen Spiele das "National Stadium" zu bauen, das die Form eines Vogelnests hat. Durch Bauten wie die Tate Modern in London, die Allianz Arena in München oder das De Young Museum in San Francisco hatten sie sich weltweit einen Namen gemacht. Wie anders das Reich der Mitte ist, welch merkwürdige Erfahrungen das Team bei der Realisierung machen musste, schildert der Dokumentarfilm "Bird’s Nest" von Christoph Schaub und Michael Schindhelm.

Mit ruhiger Kamera beobachtet der Film, welche Hürden man überwinden muss, um in China mit einem solches Großprojekt zu reüssieren. Von international akzeptierten Spielregeln kann nicht die Rede sein. Die Bauherren gebären sich wie Potentaten im Frühkapitalismus. Absprachen werden ständig gebrochen oder widerrufen. Während sich im Westen Bausummen gern verdoppeln, werden dort während des Baus massive Kürzungen verlangt. Der vorzeitige Abbruch hängt wie ein Damoklesschwert über dem gesamten Unternehmen. Man muss schon Schweizer sein und über eine Engelsgeduld verfügen, um den Kram nicht entnervt hinzuschmeißen.

Dieses Aufeinanderprallen unterschiedlicher Mentalitäten ist die Stärke des Films. Schaub und Schindhelm konzentrieren sich dabei aber ganz auf die Sicht der Architekten. Man erfährt viel zu wenig Kritisches über die chinesischen Hintergründe, die politische Situation, die Einbettung der Bauherren in Vorgaben rigider Planwirtschaft und über die Menschen in Jinhua. Die Kamera fährt meistens über leere Baustellen. Es wird von enormem Stress und Leistungsdruck erzählt, doch zu sehen bekommt man gemütliche Büroräume, wo unverdrossen gefachsimpelt wird.

Wenn wir uns von den Architekten anhören müssen, wie schnell und effizient man ein solches Mammutprojekt doch in einer Parteidiktatur durchziehen könne, müsste man auch die Wanderarbeiter zu Wort kommen lassen, ob sie das genau so sehen. Ist es wirklich so unbedenklich, von ihren miserablen Arbeitsbedingungen zu profitieren? Der Film lässt viele, wenn nicht die meisten Fragen offen.

Als TV-Feature mag er das Schweizer Publikum interessieren. Auf der Kinoleinwand jedoch treten die Schwächen der Dokumentation zu deutlich hervor.