„Was ihr wollt“ in Hamburg als Verwirrspiel

Hamburg (dpa) - Sie hängen einfach nur ab, reißen Flachwitze und verzehren sich im Liebeswahn nach den Falschen: Es ist eine sinn- und seelenarme Gesellschaft, die sich auf der Bühne des Thalia-Theaters in Hamburg tummelt.

Und das vor imposanter Kitsch-Landschaftskulisse samt röhrender Gämse unter leerem Himmel - Abbild der verwirrten inneren Natur der Menschen (Bühne: Stephane Laimé). Regisseur Jan Bosse hält unserer Gegenwart einen Spiegel vor, indem er Shakespeares melancholische Komödie „Was ihr wollt“ fantasievoll prall, zart und hart inszeniert. Bei der Premiere am Samstag wurden Bosse und sein lustvoll komödiantisch agierendes Spitzenensemble dafür zu Recht gefeiert.

Wer sich selbst nicht kennt, findet seinen Seelengefährten nie - so etwa dürfte das Fazit lauten. Um die Brüchigkeit von Identität ging es bereits dem Renaissance-Dramatiker: Shakespeares Stück erzählt von vertauschten Geschlechterrollen, kreuz und quer Verliebten, der unsäglichen Absurdität der Egozentrik und der Vergänglichkeit allen Seins. Burlesk und bitter zugleich treibt Bosse diese Themen auf die Spitze.

Er verknappt die Figurenzahl und übersetzt den Text (mit Gabriella Bußacker) oft lässig-heutig. Schlau besetzt er die Rollen der Viola, die sich als Diener verkleidet, und ihres Bruders Sebastian mit nur einem Schauspieler: So zeigt Mirco Kreibich eindringlich die Gespaltenheit einer androgynen Gestalt, die am Ende zwei Personen, Fürst und Gräfin, anhimmelt und an sich selbst nur noch zweifeln kann.

Fürst Orsino (Alexander Simon) ist bloß ein müde schmachtender Träumer in Chiffonbluse und Mieder. „Er liebt die Liebe. Im Moment glaubt er, er liebt Olivia“, sagt die Magd Maria, die zugleich der Narr ist, über ihn. Mit dreister, tiefgründiger Eloquenz und zwiespältiger Ausstrahlung spielt sich deren Darstellerin Karin Neuhäuser in den Mittelpunkt. Natürlich verschmäht die bleiche Gräfin Olivia (Bibiana Beglau) diesen Standesgenossen - verschwindet dafür mit dem vermeintlichen Diener Cäsario im Gebüsch. „Wir sind, wer wir sind. Wir haben uns nicht selber in der Hand“, lautet Olivias hilflose Einsicht.

Deftig und zur Freude des Publikums gibt Bosse dazu den aggressiven Späßen und Intrigen der Höflinge mit Rülp (Bruno Cathomas), Bleichenwang (Jörg Pohl) und Malvolio (Jens Harzer) viel Raum. Subversiv betonen wehmütige Melodien vom Keyboard (unter anderem von „Studio-Braun“-Mitglied Rocko Schamoni) den bizarren Effekt der Geschichte.

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