HipHop Deutsche Rap-Szene distanziert sich von Farid Bang und Kollegah

Die deutsche Rapszene hat die Diskussion um die umstrittene Zeile von Farid Bang und Kollegah nicht unbeteiligt hingenommen. Allerdings ist die Kritik nur ein Teil der Diskussion.

Der linken Düsseldorfer Rapper von der Antilopengang, hier bei einem Konzert im Zakk, fehlt das Problembewusstsein für den Antisemitismus eines Kollegah.

Foto: Judith Michaelis

Wuppertal. Die Zeile von Farid Bang („Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“) und die Diskussion um Antisemitismus im Rap hat auch die deutsche Rapszene nicht unbeteiligt hingenommen.

Die Kölner Szenegröße Retrogott hat etwa in einem Facebook-Beitrag die reflexhafte Entschuldigung der Zeile Farid Bangs als Battle-Rap-typisch als „doppelmoralische Loyalität gegenüber einer vermeintlichen Hip-Hop-Szene“ kritisiert. „Derartigen Klamauk aus der Thematik des Holocaust zu fabrizieren, ist aber nicht Ausdruck von Kunstfreiheit, sondern Ausdruck von Verachtung, Verachtung des Leids, Verachtung der Erinnerung, Verachtung der Toten. Eine solche Verachtung lässt auf Antisemitismus schließen.“

Er distanziert sich bewusst von Rappern wie Farid Bang, Kollegah und deren Verteidigern und stellt den Gegensatz zwischen Massenmarkt und Rapszene heraus: „Rap in Deutschland ist ein riesiger Markt und eine kleine Szene. Da ich mich als Mitglied dieser kleinen Szene betrachte, möchte ich mich von den neuen Kunstfreigeistern des Echo-Verleihs explizit distanzieren. Eure Kunstfreiheit ist nicht meine Kunstfreiheit.“

Allerdings ist die Kritik an der Zeile, den betreffenden Künstlern und dem Echo nur ein Teil der Diskussion. Die linken Düsseldorfer Rapper von der Antilopengang, haben sich im „Spiegel“ darüber beschwert, dass die „,wieder gut gewordenen Deutschen, bekanntlich stolz auf ihre Erinnerungskultur’, der eigentlichen Debatte hinter dem Echo-Skandal auswichen“. Aus ihrer Sicht fehle das Problembewusstsein für den Antisemitismus eines Kollegah, der angesichts seiner medialen Reichweite „mittlerweile wie ein faschistischer Agitator“ agiere und den „Volkszorn gegen die Mächtigen, die Medien und andere Feinde“ im Internet schüre. Solange darüber nicht geredet werde, wolle sich die Gruppe nicht weiter an der Diskussion beteiligen. Da sich dessen Inhalte aber massenhaft verkauften, habe Deutschland eben auch den Echo-Preisträger, des es verdiene.

Dass das Problem über das eine Album, die eine Zeile, die eine Musikrichtung hinausgeht, zeigt auch der Rücktritt des Berliner Rappers und Battle-Organisators Ben Salomo aus der Szene. Den kündigte der Israeli nach 20 Jahren in der „Berliner Morgenpost“ an. Dem öffentlich-rechtlichen Jugendprogramm „Funk“ sagte er, „dass ich keine Lust mehr habe, mich innerhalb der Rapszene zu bewegen — solange diese antisemitischen Vorkommnisse, Veröffentlichungen und Videobeiträge vieler Rapper nicht intensiv thematisiert und aufgearbeitet werden“.

In der „Morgenpost“ verwies Ben Salomo aber darauf, dass Antisemitismus auch, aber eben nicht nicht nur in der Rapszene vorkomme: „Natürlich. Das fängt damit an, dass Backstage jemand einen Joint nicht weitergibt und als ,Jude’ beschimpft wird. In Gesprächen mit anderen Rappern werde ich sofort in die Außenminister-Position von Israel gedrängt. Da soll ich mich dann von der Politik Israels distanzieren. Aber ich habe Antisemitismus nicht nur in der Rap-Szene erlebt — das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.“