Raketenstation Hombroich Fotograf Tomas Riehle: Stilsicherer Interpret moderner Architektur
Hommage an Tomas Riehle: In Hombroich hat Katsuhito Nishikawa eine Fotoschau kuratiert.
Neuss. Tomas Riehle (1949- 2017) war eine Ausnahme-Erscheinung unter den Architekturfotografen. Er garnierte seine Bilder weder mit Menschen noch mit Bäumen. Die Baukunst sollte als Skulptur, als Spiel aus Licht und Schatten, als geistiges Kunstwerk zur Geltung kommen. Rolf Sachsse, einst sein Kollege, nennt ihn einen der stilsichersten Interpreten moderner Architektur, die es in Deutschland je gab. Nun erhält Riehle posthum eine Ausstellung im Siza-Pavillon, die von seinem einstigen Studienfreund, dem Bildhauer und Architekten Katsuhito Nishikawa, kuratiert wurde.
Riehle studierte zunächst Design an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen, bevor er 1975 nach Düsseldorf in die Bildhauerklasse von Erwin Heerich wechselte. Der Lehrer, der kaum ohne Millimeterpapier auskam, übertrug das akribische Arbeiten auf seinen Schüler. Als Heerich für Karl-Heinrich Müller seit 1982 all die Pavillons für die Insel Hombroich in puristischem Stil entwarf, war es selbstverständlich, dass Riehle sie von 1986 bis 2005 fotografierte. Er hat die Kuben in der niederrheinischen Landschaft nicht nur abgelichtet, sondern immer auch interpretiert.
Selbst Sohn eines Architekten, erregte er schon 1976 als Student mit seiner Fotofolge zum Treppenhaus des Düsseldorfer Akademie-Gebäudes Aufmerksamkeit. Die Spürnase unter den Galeristen, Alfred Schmela, gab ihm 1977 die erste Einzelausstellung und nannte sie „Lichträume“. Das war in der damaligen Zeit ein ungewöhnlicher Begriff, aber zugleich eine treffende Bezeichnung für Riehles Schwarzweiß-Aufnahmen. Das Gebäude am Eiskellerberg war noch nicht saniert, zwischen Treppenhäusern und Fenstern konnte sich die Dämmerung ausbreiten, während die Mauern vom Lichteinfall erweckt wurden.
Nach dem Studium erhielt er 1980/1981 das Paris-Stipendium und richtete seine Kamera des Nachts auf die Wohnbauten von Christian de Portzamparc, um sie im Wechselspiel von schwarzem, nächtlichem Grund und leicht erhelltem Architekturkörper zu erkunden. Sein Weg zur Abstraktion ist in derlei Aufnahmen vorgezeichnet.
Wie genau Riehle arbeitete, wird an seinen Notizen zu den Bildern für Haus Lange in Krefeld deutlich, denn hier sind sogar die Belichtungszeiten und der Standort für die Aufnahme vermerkt. Dieser Fotograf überließ nichts dem Zufall.
Im Jahr 2000 lud man ihn ein, zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche die Klosterkirche Pforta zu fotografieren. Nun spielt das Sonnenlicht fast verträumt mit dem steinernen Bau und verwandelt ihn in einen heiligen, vergeistigten Raum. Das Licht tastet die Symmetrien vorsichtig ab. Die Liste der Architekten, für die er arbeitete, reicht vom Aachener Joachim Schürmann über die Düsseldorfer Nikolaus Fritschi und Karl-Heinz Petzinka bis zu Hadi Teherani in Hamburg. Doch er fotografierte auch ohne Auftrag, etwa die Polderlandschaft der Niederlande, die sich als Konzeptkunst präsentiert.
In den letzten Jahren filmte und fotografierte er die Landschaft am Rhein und ihre Brücken, vom Brett über der Quelle bis zur Erasmusbrücke in Rotterdam. Ruhig, besonnen, unaufgeregt. So war er auch als Professor für Fotografie an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld.
Er war Mitbegründer des Museums für Architekturfotografie Hombroich und betrieb seit 1995 seine eigene Agentur „artur“. Nachlassverwalterin ist Barbara Riehle.