Brücken schlagen Vor großen Aufgaben: Max Hollein übernimmt das „Met“

San Francisco/New York (dpa) - So ein Angebot schlägt man nicht aus, auch wenn der Abschied aus San Francisco schwer fällt. Der gebürtige Österreicher Max Hollein wird der erst zehnte Direktor des fast 150 Jahre alten Metropolitan Museums in New York.

Foto: dpa

Als langjähriger Frankfurter Museumschef ist Hollein auch in Deutschland bestens bekannt. Erst 2016 nahm er Abschied vom Main. Knapp zwei Jahre lang war der 48-Jährige dann Leiter der Fine Arts Museen in San Francisco, im August wird er nun erneut die Koffer packen. „Auch mit einem schweren Herzen“, wie Hollein im Interview der Deutschen Presse-Agentur einräumte.

„Aber natürlich freue ich mich riesig“, sagt er über den Ruf an das „Met“, wie das Museum am Central Park liebevoll abgekürzt wird. „Es ist eine außerordentliche Möglichkeit und eine solche Chance, nicht nur persönlich, sondern auch in Bezug auf die Entwicklung von Museen, gerade in diesem bedeutenden Museum arbeiten zu können.“

Hollein sei ein „innovativer und inspirierender Museumsleiter“, sagte der Vorsitzende des „Met“-Aufsichtsrats, Daniel Brodksy, in einer Mitteilung. „Max ist eine exzellente Wahl“, sagte der Direktor des Museum of Modern Art (MoMA) in New York, Glenn Lowry. „Er ist ein erfahrener Kollege, viele von uns kennen ihn, er ist schon seit einiger Zeit ein interessanter Direktor.“ Einige Kunstexperten bemängelten allerdings die fehlende Vielfalt, weil mit Hollein wie bislang immer in der Geschichte des „Met“ auch diesmal ein weißer Mann an die Spitze geholt wurde.

Mit der Verkündung am Dienstag ging eine lange Suche zu Ende. Schon vor einem Jahr hatte der Brite Thomas Campbell seinen Posten nach achteinhalb Jahren an der Spitze des renommierten Kunstmuseums geräumt, er ließ ein Millionendefizit zurück.

Hollein gilt als erfahrener Kunstexperte, der aber auch Brücken zu moderner Technologie schlagen kann. Seine berufliche Laufbahn startete nach dem Studium 1995 am Guggenheim Museum in New York. In Berlin, Las Vegas und Bilbao betreute er den Aufbau der dortigen Dependancen. Sechs Jahre später kam er nach Frankfurt, wo er 2001 zunächst die Leitung der Kunsthalle Schirn übernahm und 2006 auch Direktor des Städels und der Liebieghaus Skulpturensammlung wurde.

Der gebürtige Wiener - der neben Kunstgeschichte auch Betriebswirtschaft studiert hat - erweiterte das Städel mit einem unterirdischen Neubau für die Gegenwartskunst und sorgte mit aufsehenerregenden Ausstellungen für Besucherrekorde. Sein Wechsel nach San Francisco war für Frankfurt ein herber Verlust.

In der Westküstenmetropole drückte er gleich zwei Museen, dem Legion of Honor und dem de Young Museum im Golden Gate Park, seinen Stempel auf. 2017 lockte er mit „The Summer of Love Experience“, einer Hommage an die Hippie-Kunst vor 50 Jahren, viele Besucher an. Die Stadt am Rande des Tech-Mekkas Silicon Valley beschrieb er damals als „faszinierenden Ort“, von einer „permanenten Aufbruchstimmung“ geprägt, aber auch mit Herausforderungen der Technologisierung konfrontiert.

Die „eigene Identität“ und „die Beziehung der Museen zu ihrem direkten kulturellen Umfeld“ sei ihm sehr wichtig gewesen, resümierte Hollein nun. Bei seiner Ankunft habe er die Fine Arts Museen in einem „schwierigen Zustand“ vorgefunden, sie schrieben rote Zahlen. Nun sei es ihm gelungen, das Budget auszubalancieren. Knapp 1,7 Millionen Besucher lockten beide Einrichtungen im vorigen Jahr an.

In Manhattan erwartet ihn natürlich eine andere Größenordnung. Das Metropolitan Museum ist der Star der opulenten New Yorker Kunstszene. Mehr als sieben Millionen Besucher brachten der Institution im vergangenen Jahr einen Rekord ein und machten sie zu einem der bestbesuchten Museen der Welt.

Aber das Haus fällt auch mit Negativ-Schlagzeilen auf: Ein geplanter 600 Millionen Dollar teurer Anbau musste abgesagt werden, denn das Museum hat Millionen Schulden. Dutzende Mitarbeiter wurden entlassen, und seit einigen Wochen müssen Besucher, die nicht in New York leben, erstmals 25 Dollar Eintritt zahlen. „Ist das Metropolitan Museum eine große Institution im Untergang?“, fragte die „New York Times“.

Direktor Campbell musste gehen. Viele sahen die Schuld bei ihm: Er habe zuviel in die digitale Präsenz des Museums investiert und in eine unnötige Image-Kampagne. Außerdem habe er sich mit dem „Met Breuer“ überhoben, dem ehemaligen Whitney-Museum nur einige Straßenblocks entfernt vom Stammhaus, das das Metropolitan Museum als Außenstelle für moderne und zeitgenössische Kunst betreibt. Eine weitere Außenstelle für mittelalterliche Kunst, die „Cloisters“, gibt es an der Nordspitze Manhattans.

Nachfolger Hollein erbt alle diese Baustellen. Über konkrete Pläne will er noch nicht sprechen. Am Mittwoch wollte er nach New York fliegen, um sich den über 2200 Mitarbeitern vorzustellen. „Ich beginne im August in New York. Bis dahin mache ich auf keinen Fall irgendwelche Ankündigungen“, sagt Hollein.

Er will aber an dem Kurs festhalten, das Thema „Diversity“, also Multikulturalität, in Ausstellungen zu integrieren. „Das ist etwas, was gerade enzyklopädische Museen in Zukunft noch viel mehr begleiten wird. In diesem Kontext wird die Met - als die herausragende enzyklopädische Museumsinstitution - weiter große Zeichen setzen.“

In San Francisco hat Hollein in den kommenden Monaten noch ein volles und buntes Programm - mit einer großen Schau des amerikanischen Malers Julian Schnabel und Ausstellungen über Propagandakunst und die Werke der Präraffaeliten. „Wir lieben diese wunderschöne Stadt“, sagt der verheiratete Vater von drei Kindern über San Francisco. „Aber meine Frau und ich freuen uns riesig auf das großartige New York.“