50 Jahre "das Zweite": Was soll aus dem ZDF werden?

Der Sender feiert 50. Geburtstag und sucht angestrengt nach einer Zukunft. Personal, Politik und Programm machen ihm Probleme.

Mainz. Da wundert man sich heute: Als frisch und frech galt das ZDF, als es am 1. April 1963 mit seinen Mainzelmännchen an den Start ging. Zum Vergleich gab es damals ja auch keine Privatsender, sondern nur die 13 Jahre ältere ARD, die schon aufgrund ihrer föderalen Struktur ein behäbiger Dampfer ist.

In vielen Bereichen war das ZDF in der Tat innovativ. Das „Aktuelle Sportstudio“ (Erstsendung 14. August 1963) ließ erstmals Unterhaltsames in die bis dahin weihevolle Sportberichterstattung einsickern. Die Journalistin Wibke Bruhns 1971 als erste Nachrichtensprecherin auf den Schirm zu lassen, kam einer Revolution gleich.

Lange vor den Privaten gab es hier auch die erste Gerichtsshow: „Ehen vor Gericht“ lief von 1970 bis 2000. Die Samstagabendshow „Wünsch dir was“ (1969 — 1972) mit Dietmar Schönherr und Vivi Bach war schräger als alles, was Thomas Gottschalk Jahrzehnte später bei „Wetten, dass . . .?“ anstellte.

Der öffentlich-rechtliche Sender setzte auf Dauerserien wie „Derrick“ (24 Jahre bis 1998) und „Ein Fall für Zwei“ (nach 32 Jahren lief am Karfreitag die letzte Folge). Er hatte keine Scheu vor dem Seichten und ließ die „Schwarzwaldklinik“, das „Traumschiff“ und die Pilcher-Filme drehen. Er wurde für deren Trivialität scharf kritisiert und von der Konkurrenz um Zuschauerzahlen bis zu 20 Millionen beneidet. Und gerade erst hat der Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ bundesweit Diskussionen angestoßen.

All das feiert das ZDF ausgiebig mit einer Doppelshow, der zweite Teil läuft am Samstagabend um 20.15 Uhr. Doch die abendfüllende Selbstbeweihräucherung kann nicht verdecken, dass allzu Vieles allzu lange her ist. Heute bröckelt es überall.

Das beginnt beim Personal. Neben Markus Lanz zählen nur noch die Journalisten Claus Kleber, Marietta Slomka und Maybrit Illner zu den programmprägenden Köpfen. Die Polit-Talkerin muss auch noch bei der Jubiläumsshow einspringen, weil der ursprünglich vorgesehene Jörg Pilawa zur ARD zurückgeht.

Die Politik setzt dem Sender seit dem Start zu. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) hatte ursprünglich die Gründung eines Senders in Staatseigentum betrieben, um ein bequemes Sprachrohr zu bekommen. Damit scheiterte er zwar vor dem Bundesverfassungsgericht, dessen Urteil größtmögliche Staatsferne festlegte.

Doch die Politik nimmt permanent weiter Einfluss und schadet der Glaubwürdigkeit des Senders. Im Verwaltungsrat werden die Posten offen nach Parteiproporz ausgekungelt — dafür lässt man auch wie 2010 einen erfolgreichen Chefredakteur wie Nikolaus Brender über die Klinge springen. Er hat gerade in einem offenen Brief an Angela Merkel erneut eine „Initiative zum Rückzug aller Politiker aus den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien im Wahljahr 2013“ gefordert.

Das Programm steht ohnehin ständig in der Kritik. Denn das ZDF strampelt wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen überhaupt um seine Legitimation. Dass es den im Rundfunkstaatsvertrag vorgeschriebenen Bildungsauftrag wahrnimmt, lässt sich zwischen Krimis und Kochshows, Volksmusik und teuren Champions League-Spielen auch nur schwer erkennen.

Noch sind die Zahlen ein weiches Ruhekissen: Das Zweite war im vergangenen Jahr marktführer, sprich der meistgesehene Sender, Bei den Werbeeinnahmen hat es um sechs Prozent zugelegt, und die Gebührengelder fließen zuverlässig im breiten Strom.

Aber es müssen Inhalte und Ideen her. Wofür soll der Sender stehen, wie will er sich von der privaten Konkurrenz absetzen, warum sollen die Zuschauer auch künftig ein „staatliches Zwangs-Pay-TV“ (der frühere RTL-Chef Dieter Thoma) alimentieren?

Intendant Thomas Bellut (58, Foto: dpa) übte überraschend offene Selbstkritik, als er sich vor kurzem im Spartenkanal ZDFInfo der Diskussion stellte „Teuer, mutlos, undurchsichtig — ist das ZDF von gestern?“ Denn außer der „heute-show“, die auch den eigenen Kanal durch den Kakao zieht, konnte der Senderchef kaum Beispiele für frisches und freches Programm nennen. Aber da komme schon noch was. Allerdings muss da eine ganze Menge kommen, damit vom Senderzentrum Lerchenberg in 50 Jahren mehr steht als eine Ruine.