"American Gangster": Der Reichtum kommt im Sarg

Regie-Altmeister Ridley Scott setzt in „American Gangster“ Denzel Washington als maliziösen Mafiaboss optimal in Szene.

<strong>Düsseldorf. Während des Vietnamkriegs ließ der Mafiaboss Frank Lucas Heroin aus Südostasien in den Särgen gefallener Soldaten in die USA schmuggeln. Der Stoff war billig und pur - und machte Lucas als ersten Afroamerikaner zum mächtigsten Mann in der zuvor italienisch geprägten New Yorker Mafia. Er war Anfang der 1970er Jahre ein berüchtigter "American Gangster", wie der Film von Regisseur Ridley Scott über den Aufstieg und Fall von Frank Lucas heißt. In dem Drama gibt Denzel Washington den maliziösen Mafiaboss, seinen Widersacher verkörpert Russell Crowe als unerbittlicher Polizist.

Wie schon der Titel andeutet, ist "American Gangster" ein großspuriger Film. Es geht ums Ganze, um Amerika, den Kapitalismus und um die Geschichte von dem Tellerwäscher und dem Millionär - nur, dass in dem Film der "amerikanische Traum" in einer Schattenwelt aus Mord und Korruption verwirklicht wird. Es gelingt Lucas, mit dem Verkauf von reinem Heroin eine Monopolstellung einzunehmen. Der Preis dafür wird in kurzen Sequenzen eingeblendet, wenn die Kamera über Körperberge von delirierenden Junkies gleitet.

In dem 157 Minuten langen Film gibt es kaum Action, keinen Sex, und beide Protagonisten bieten keine Identifikationsmöglichkeit. Das ist ungewöhnlich für einen Blockbuster mit zwei Hollywood-Spitzenverdienern. Der Bann, in den der Zuschauer gezogen wird, ist den beiden Oscarpreisträgern (Crowe für "Gladiator", Washington für "Training Day") zu verdanken: Regie-Altmeister Ridley Scott setzt deren schauspielerisches Können optimal in Szene.

Der Kriminelle Lucas wird als rührender Familienmensch gezeigt, der in der nächsten Szene eiskalt mordet. Crowe ist als Polizist mit dem Allerweltsnamen Richie Roberts unangenehm makellos. Als sein Partner einen Fehler macht, will er ihn den Vorschriften entsprechend melden - woraufhin der Partner Suizid begeht. Es ist unheimlich anzusehen, wie Roberts sich im Korruptionsmorast in Politik, Polizei und Armee eine blütenweiße Weste bewahrt, und wie der berufliche Ehrgeiz im Privatleben zu Streitlust mit seiner Frau wird.

Aber der Fokus auf Washington und Crowe ist auch eine Schwäche des Films: Nebendarsteller wie Josh Brolin ("Planet Terror") und Chiwetel Ejiofor ("Children of Men") sind als flache Charaktere nur Beiwerk. Die Handlung verliert an Schärfe, der Alltag in der Drogenszene wird bloß angedeutet, der Konflikt mit verfeindeten Banden ist verkürzt dargestellt. In Mafiafilmen wie "Der Pate" oder "Carlitos Way" hingegen werden die Beziehungen in den Familien als psychologischer Mikrokosmos beleuchtet.

Bis zum Schluss umgehen Regisseur Scott und Drehbuchautor Steven Zaillian, der für seine Filmvorlage für "Schindlers Liste" 1994 einen Oscar gewann, gängige Blockbuster-Mechanismen. Es gibt keinen finalen Showdown Mann gegen Mann und kein Happy End für den Sieger. Erst nach zwei Stunden Spielzeit begegnen sich die beiden Widersacher auf der Leinwand, und da ist die Jagd vorbei.

(WZ-Wertung: 4 von 5 Sternen)