Angelina Jolie und andere starke Frauen in Cannes
Cannes (dpa) - Das Filmfestival Cannes ist in den Händen starker Frauen - zumindest am ersten Tag nach der Eröffnung: Die gut gelaunte Angelina Jolie präsentierte sich am Donnerstag als kämpfende Tigerin des Animationsfilms „Kung Fu Panda 2“.
Tilda Swinton musste in dem Wettbewerbsbeitrag „We Need To Talk About Kevin“ mit ihrem Amok laufenden Sohn fertig werden, und Jungstar Emily Browning gab sich als „Sleeping Beauty“ hin. Hinzu kam, dass alle drei Werke von Frauen gedreht wurden. Viel mehr weibliche Präsenz an einem Festivaltag war kaum möglich.
Angelina Jolie reiste zwar nicht für das Festival direkt an, war aber dennoch heiß begehrt. Die 35-Jährige nutzte nämlich den Rummel am Prachtboulevard Croisette, um den Film „Kung Fu Panda 2“ vorzustellen. Darin spricht die Mehrfach-Mutter und Dauerfreundin von Brad Pitt eine mutige Tigerin, die neben dem Panda Po (gesprochen von Jack Black) und dem Meister Shifu (gesprochen von Dustin Hoffman) neue Abenteuer erlebt.
Professionell wie sie ist, gab Jolie dann auch ein paar gut dosierte Häppchen ihres Privatlebens preis: „Ja, wir sind gerade alle in Frankreich und wir sind alle sehr glücklich“, erzählte sie auf einer Pressekonferenz am Rande des Festivals. Die Kinder tobten durchs Hotels und hätten eine tolle Zeit, ergänzte sie. Und eben die Kinder seien auch das, was sie glücklich mache: „Wenn du aufwachst und deine Kinder sind gesund.“ Dass die meisten Fragen an dem Vormittag an seine Kollegin gingen, nahm Dustin Hoffman mit Humor: „Ich habe mich noch nie so berühmt gefühlt wie derzeit und noch nie vor so vielen Kameras gesessen“, sagte er augenzwinkernd.
Denkbar weit entfernt von den heiteren Animationen in „Kung Fu Panda 2“ startete der Wettbewerb des 64. Internationalen Filmfestivals mit düsteren Werken. Die australische Regisseurin Julia Leigh erzählt in „Sleeping Beauty“ von der jungen Lucy, die emotional ziemlich abgestumpft durchs Leben läuft und für die Sex mit fremden Männern kein Tabu ist. Schließlich landet sie in einer Agentur, bei der ältere Männer unter anderem dafür bezahlen, mit schlafenden jungen Mädchen wie Lucy zusammen zu sein.
Emily Browning, die zuletzt als Psychiatriepatientin und toughe Kämpferin in dem Actionwerk „Sucker Punch“ zu sehen war, überzeugt in „Sleeping Beauty“ als zarte Schönheit, die verführerisch und abgeklärt-kühl gleichermaßen ist. Warum sie so handelt und wer sie eigentlich ist, ergründet der Film allerdings kaum.
Ähnlich verstörend, aber auf ganz andere Weise einprägsam, ist der Wettbewerbsbeitrag der schottischen Regisseurin Lynne Ramsay. In „We Need to Talk About Kevin“ erzählt sie von Eltern, deren Sohn in der Schule Amok gelaufen ist und zahlreiche Jugendliche getötet hat. Während der Vater (John C. Reilly) mit der Zeit aus dem Blickfeld gerät, fokussiert das Werk ebenfalls vor allem auf die Frau.
Die 50-jährige Tilda Swinton („Orlando“, „The Beach“) spielt diese verzweifelte Mutter mit ungeheurer Intensität, wobei die innere Zerrissenheit und Getriebenheit stets in ihrem Gesicht ablesbar ist. Sie habe so ein Drama personalisieren wollen, sagte Regisseurin Ramsey. Ihr Film versucht daher auch zu ergründen, wie der Sohn Kevin zum Massenmörder wurde - und flüchtet sich da etwas zu sehr in simple Erklärungsmuster. Denn eine nicht liebende Mutter als Ursache für einen Amok laufenden Sohn scheint doch etwas zu kurz gegriffen. Dennoch hinterließ das Werk unter anderem wegen seiner eindringlichen Bilder einen starken Eindruck.