Berlinale-Chef: Deutscher Film hat kein „Formtief“

Berlin (dpa/bb) - Trotz weniger Kinohits in diesem Jahr steht der deutsche Film nach den Worten von Berlinale-Direktor Dieter Kosslick (62) gut da. „Es ist richtig, dass es in diesem Jahr nicht einen Knaller nach dem anderen gab“, sagte der Festivalchef der Nachrichtenagentur dpa.

„Aber ich kann da keine Krise sehen. Nicht mal ein Formtief“, erklärte Kosslick, für den die kommende Berlinale (10. bis 20. Februar 2011) bereits die zehnten Filmfestspiele als Direktor sind. Im vergangenen Jahr lag der Marktanteil deutscher Filme bei rekordverdächtigen 27,4 Prozent. Im ersten Halbjahr 2010 erreichten einheimische Produktionen noch 20,3 Prozent.

Bei der kommenden Berlinale werde der deutsche Film wieder einen starken Auftritt haben, sagte Kosslick. „Wir werden sowohl im Wettbewerb als auch den anderen Sektionen eine breite Palette des aktuellen Filmschaffens in Deutschland präsentieren.“ Im Ausland habe der deutsche Film inzwischen einen guten Ruf. „Allein die Oscar-Erfolge von Caroline Links "Nirgendwo in Afrika" 2003 und von Florian Henckel von Donnersmarcks "Das Leben der Anderen" 2007 sowie die Nominierung von Michael Hanekes "Das weiße Band" zeigen, wie hoch angesehen der deutsche Film ist.“

Festivalerfolge deutscher Filme wie „Shahada“, „Die Fremde“ und „Soul Kitchen“ seien die jüngsten Beispiele dafür. „Diese Filme waren auch später an den Kinokassen im Ausland gefragt. International werden natürlich auch die Handschriften von Autorenfilmern wie Christian Petzold oder Angela Schanelec sehr geschätzt.“

Dass in Deutschland der nationale Film vor allem im Genre Komödie Kassenerfolge erzielt, empfindet Kosslick nicht als nationale Besonderheit: „Komödien laufen nicht nur in Deutschland sehr gut, auch andere amüsieren sich gern im Kino. Komödien funktionieren generationen- und geschlechterübergreifend und locken deshalb auch viele Familien ins Kino. Bully Herbig und Otto sind oft die ersten Helden, die auch kleinere Kinder im Kino auf der Leinwand sehen dürfen.“

Schon bevor das Programm für die Berlinale 2011 fertig ist, hat Kosslick einen Trend ausgemacht: „Es ist auffällig, dass in den Filmen oft das Thema Computer und Kommunikation auftaucht.“ Es werde außerdem „sicher einen 3D-Film geben oder vielleicht auch zwei“, sagte der Festivalchef. „Jetzt gibt es auch nicht-kommerzielle Filme, die diese Technik anwenden, zum Beispiel Wim Wenders' Film über Pina Bausch.“

Die dreidimensionale Technik habe den Kinos viel Geld eingebracht, weil die Eintrittskarten für die entsprechenden Vorstellungen erheblich teurer seien. Kosslick warnte: „Die Arthouse-Kinos dürfen durch die technischen Innovationen, die viel Geld kosten, nicht ins Hintertreffen geraten. Sonst wird das Kinosystem relativ schnell den Bach runtergehen. Deshalb sind die Förderprogramme von Kulturstaatsminister Bernd Neumann und der deutschen Filmförderung enorm wichtig für die Kinos.“

Dass der Filmmarkt in Zeiten des Internets irgendwann überflüssig wird und die Filmeinkäufer aus aller Welt sich die Filme nur noch im Netz und nicht mehr in den Markt-Screenings auf der Berlinale ansehen, befürchtet Kosslick nicht. „Selbstverständlich ist es heute technisch möglich, an jedem Ort der Welt irgendjemandem über Verschlüsselung einen Film zu zeigen. Trotzdem ist es unerlässlich, dass man abends zusammen "zum Italiener" geht und den anderen "über den Tisch zieht". Das funktioniert im Netz nicht, da kann man nicht richtig zocken“, meinte Kosslick.

„Das Festival ist in den vergangenen Jahren größer geworden, es hat sein Spektrum um wichtige neue Initiativen wie zum Beispiel den Talent Campus erweitert.“ Doch weiter wachsen soll das Festival, das 2010 die Rekordzahl von 300 000 verkauften Tickets erreichte, nicht. „Die Berlinale ist ausgewachsen. Wir peilen keine Rekorde mehr an.“