Cruise vermeidet das Debakel

„Operation Walküre“ ist fertig. Der Film, dessen Dreh vor anderthalb Jahren die Gemüter erhitzte, liefert schnörkelloses Geschichtskino, aber leider nichts Bleibendes.

Düsseldorf. Diesen Wirbel hätte man sich sparen können: Die verkrampfte Diskussion, ob einer wie Tom Cruise, seines Zeichens Scientologe aus Leidenschaft, Stauffenberg spielen darf, die Schlüsselfigur des deutschen Widerstandes gegen die Nazi-Diktatur. Das gezierte Umhereiern, ob so einer im Bendlerblock drehen soll, Mahnmal für das Aufbegehren gegen staatlichen Terror.

Auf der anderen Seite die pathetische Wortmeldung von Cruise-Intimus und "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher, der dem Hollywood-Star einen Bambi für seinen Mut überreichte, einen Film über Stauffenberg zu drehen und damit das zentrale Motiv der Geschichte des 20. Juli - Mut - in die Bedeutungslosigkeit relativierte.

Und der Diskussionsbeitrag von Oscar-Fetischist Florian Henckel von Donnersmarck, der die Deutschen davor warnte, dieses Projekt zu verteufeln, weil es das Ansehen der Bundesrepublik weltweit steigern würde - um ein Vielfaches mehr, als es jede Fußball-Weltmeisterschaft vermag.

Wahrscheinlich dachte er wirklich, Cruise würde ihm dafür die Regie eines seiner nächsten Filme andienen. Geklingelt hat das Telefon bei Henckel von Donnersmarck aber noch nicht. Man hätte davon erfahren.

In Sachen Regie ist Tom Cruise als Produzent äußerst wählerisch. Für "Operation: Walküre", den Film, der jetzt, anderthalb Jahre nach dem Eklat, seine Premiere in New York feierte, engagierte er Bryan Singer ("X-Men", "Die üblichen Verdächtigen"). Schon in diesem Moment war Film-Fans klar, dass das Stauffenberg-Projekt nicht das Desaster werden konnte, als das es von Presse und Internetforen weltweit bereits abgestempelt war.

Singer ist zu stilsicher, gleichzeitig aber auch dem mehrheitsfähigen Unterhaltungsfilm zu sehr verpflichtet, als dass er sich zu einer potenziellen Lachnummer hätte breitschlagen lassen können. Er hatte einen Ruf zu verlieren. Im Gegensatz zu Tom Cruise, der zu Beginn der Dreharbeiten bereits zu Hollywoods Hofnarr verkommen war, sein Eheglück penetrant den Paparazzi präsentierte und für die Gesamtinszenierung seines Privatlebens auf Oprah Winfreys Couch wie ein Flummi auf- und niederhüpfte.

Das alles ist nicht unbedingt vergessen, wenn man den Film nun sieht. Aber es spielt keine Rolle mehr. Singer gelingt ein überwiegend dicht erzählter Thriller. Tom Cruise, als Darsteller einer dieser Ehrgeizlinge, denen man beim Spielen die Anstrengung ansieht, geht derweil in seinem Edel-Mimen-Ensemble (Tom Wilkinson, Terence Stamp, Kenneth Branagh) nicht unter. Im Gegenteil: Er schafft sogar die eine oder andere süffisante Szene.

Der Film ist nicht geschwätzig, was Projekte dieses Kalibers gerne sind. Er reduziert Vorbereitung, Ausführung und Scheitern des Attentats auf ein kompaktes Maß, erfindet wenig, ändert nur im dramaturgisch zulässigen Rahmen ab - kurz: formal tadelloses Geschichtskino.

Der Film zeigt aber auch, dass Makellosigkeit allein wenig bewirkt. Als würde er sich vor Pathos-Vorwürfen schützen, verzichtet Singer fast ganz auf dramatische Überhöhungen, was einem solchen Stoff mitunter gut tun würde.

Nachträglich wurde eine neue Eingangsszene gedreht. Stauffenberg hält hier einen inneren Monolog, meldet Zweifel am Nationalsozialismus an. Kurz darauf sieht man, wie er sich beim Luftangriff 1943 auf dem Wehrmachtsstützpunkt in der tunesischen Wüste seine Verstümmelungen zuzieht.

Zwar mildert dieser emotionale Prolog die trockene Nüchternheit, mit der der Film büttenpapierbraun raschelt. Er macht zugleich aber auch unmissverständlich klar, dass es um eine Heldengeschichte geht. Zweifel und Rückfragen, die Stauffenbergs Karriere vor seiner Genese zum Attentäter durchaus herausfordert, sind unerwünscht. Dadurch wird der Erzählton zwar enorm geradlinig, seine Figurenzeichnung allerdings bleibt blass.

Schon in einem Jahr wird "Operation Walküre" nur einer von vielen routinierten Geschichts-Thrillern sein. Cruises Ziel, den Attentätern ein Denkmal setzen zu wollen, hat er damit mangels Nachhall verfehlt. Kinostart von "Operation Walküre": 22. Januar.