"Der Krieg des Charlie Wilson" - Weltpolitik zwischen Koks und Liebeslust

„Der Krieg des Charlie Wilson“ erzählt eine unglaubliche, aber wahre Geschichte.

Düsseldorf. Nichts weiter als ein Schachspiel sei die Weltpolitik, sagt man. 16 Figuren auf jeder Seite. Zu knapp kalkuliert? Beileibe nicht! Um die Russen aus Afghanistan zu vertreiben, waren gerade mal drei Personen nötig: ein verwahrloster CIA-Agent, eine stillose Politmäzenin und ein verkommener US-Kongressabgeordneter. Den Status als Hinterbänkler hatte sich jener Charlie Wilson, im Film wunderbar windig verkörpert von Tom Hanks, hart erarbeitet: "Ist man erstmal drin, kannst du machen, was du willst", wird der echte Wilson häufig zitiert. Diesen Freiraum nahm er sich, feierte Partys, schnupfte Koks und beschränkte seine Präsenzzeit im Capitol auf Pflichtveranstaltungen. "Stimme ich mit Ja?", fragt Wilson im Film seine Assistentin Bonnie (Amy Adams), als er sich morgens verkatert ins Plenum schleppt. Unterschätzen darf man ihn deswegen nicht. Seine Kollegen haben keinen blassen Schimmer, wo Kabul liegt. Seine Macht ist das Wissen, vor allem auch zu wissen, dass er mehr weiß als andere. Dieses Privileg lässt ihn 1980 erste Meldungen von afghanischen Flüchtlingsströmen nach Pakistan richtig bewerten. Als Beisitzer des Geheimdienstausschusses erhöht er den Etat für verdeckte CIA-Aktionen, um die afghanischen Freiheitskämpfer, die Mudschaheddin, mit Waffen zu versorgen. Zunächst bloße Beschäftigungstherapie wird sein Politpoker zum Vollzeitjob. Mit Hilfe einer alten Liebschaft, der Kommunistenhasserin Joanne Herring (Julia Roberts), die sich in die Kaste der texanischen High Society hoch geheiratet hat, knüpft er Kontakte zur pakistanischen Militärführung. Der kaltgestellte CIA-Scherge Gust Avrakotos (herausragend: Philip Seymour Hoffman) fädelt einen Waffenhandel mit Israel ein. Was an dieser eleganten Politsatire unter der Ägide von Genre-Spezialist Mike Nichols am meisten erstaunt, ist, dass sich die wesentlichen Fakten alle genauso zugetragen haben. Lediglich die Rahmenbedingungen schmückt Drehbuch-Autor Aaron Sorkin pointiert aus, lässt in Wilsons Vorzimmer vier Ex-Models den Bürobetrieb schmeißen und die alte Leidenschaft zwischen dem leutseligen Demokraten und der durchtriebenen Republikanerin Herring lüstern lodern. Diese kleinen Absurditäten hat der Film auch nötig, um den lebenden Karikaturen, die er abbildet, menschliche Tiefe zu verleihen. Er ist ein Gegenentwurf zur verschrobenen Naivität, mit der Frank Capras seinen Mr. Smith nach Washington gehen ließ. Wo James Stewart im Angesicht des korrupten Politapparats seinen Idealismus dämpfen muss, gewinnt Wilson, der Wankelmütigkeit überdrüssig, seine Unschuld zurück. "Das Endspiel haben wir vergeigt", kritisiert Wilson. Trotz dieses Seitenhiebes auf die momentane Irakpolitik will der Film kein konkretes politisches Statement geben. Höchstens, dass Geschichte sich wiederholt. (WZ-Wertung: 5 von 5 Sternen)

Daten und Fakten

  • Titel: Der Krieg des Charlie Wilson
  • Regisseur: Mike Nichols
  • Darsteller: Tom Hanks, Julia Roberts, Amy Adams
  • Genre: Drama
  • Länge: 102 Minuten
  • Verleih: Universal
  • Produktionsort/- jahr: USA 2007
  • Startdatum: 07.02.2007
  • FSK: ab 12 Jahre
  • Internet: http://movies.universal-pictures-international-germany.de/derkriegdescharliewilson/