Drama: "Jerichow" - Eine Frau mit zwei Gesichtern
Christian Petzolds Film erzählt eine Dreiecksgeschichte mit Nina Hoss.
Düsseldorf. Tragische Geschichten aus dem Alltag haben es Christian Petzold scheinbar angetan. Schon in "Wolfsburg" und "Yella" erzählte der Berliner Regisseur vom auseinander brechenden Leben seiner Protagonistinnen nach dem Tod ihres Kindes oder der Trennung von ihrem herrschsüchtigen Ehemann.
Auch sein neues Werk "Jerichow" passt zu dieser Grundidee: Laura (Nina Hoss) und der Deutsch-Türke Ali (Hilmi Sözer) sind verheiratet, bis der Ex-Soldat Thomas (Benno Fürmann) dazu kommt und eine Affäre mit Laura beginnt. Schnell gerät das Leben aller Beteiligten aus den Fugen und bringt ihre dunklen Seiten zum Vorschein. Vor allem Nina Hoss brilliert in ihrer vierten Zusammenarbeit mit Petzold als Frau mit zwei Gesichtern.
Es sind spröde, raue Bilder, die Petzold aus der tristen ostdeutschen Provinz zeigt. Der Film spielt in dem kleinen Ort Jerichow in Sachsen-Anhalt. "Jerichow" ist jedoch nicht einfach eine Dreiecksgeschichte, sondern entwickelt sich - angelehnt an den Roman "The postman always rings twice" von James Cain - zu einem stillen, aber dramatischen Thriller um Gier, Geld und Leidenschaft.
"Man kann sich nicht lieben, wenn man kein Geld hat", lautet zuerst Lauras trostloses Fazit ihrer Affäre. Schließlich aber geben Thomas und sie sich damit nicht zufrieden. Sie wollen mehr und sind dafür sogar bereit, ein Verbrechen zu begehen. Die innere Leere der Protagonisten wird dabei durch die Weite der Provinz verbildlicht. Denn selbst wenn Laura, Thomas oder Ali ein klares Ziel vor Augen haben, heftet ihnen doch immer etwas Verlorenes und Hilfloses an, sie finden keinen Halt.
Mit "Jerichow" beweist Petzold einmal mehr sein Gespür für realitätsnahe Abbildungen menschlicher Zerrissenheiten. Es gibt auch kein schlichtes Gut und Böse, stattdessen schält Petzold das Ambivalente seiner Figuren hervor. So kommt nach und nach Lauras dunkle Vergangenheit zum Vorschein, ebenso wie Alis zweifelhafte Beziehung zu ihr.
Besonders überzeugend wirkt "Jerichow" allerdings wegen seiner Darsteller. Die Chemie zwischen der überragenden Hoss und dem einzelgängerischen Fürmann stimmt so gut, dass einige intensive Szenen besonders in Erinnerung bleiben.
Wertung: 5 von 5 Sternen