Horror: Eine teuflische Tochter ins Haus geholt
Esthers Adoption birgt unangenehme Überraschungen: „Orphan – Das Waisenkind.“
Wenn ein Kind Sätze sagt wie "Wir sollten das Schlechte, das uns widerfahren ist, in etwas Gutes verwandeln, finden Sie nicht auch?" - dann ist höchste, allerhöchste Vorsicht angesagt. Zumindest in einem Horrorfilm. Und "The Orphan" von Jaume Collet-Serra ist der blanke Horror.
Zumindest für Erwachsene, die Sätze sagen wie "Ich mag Kinder, Sie etwa nicht?". Sie werden hier gewaltsam eines Besseren belehrt und solche Pauschalisierungen in Zukunft vermeiden.
Zunächst jedoch sind Kate (Vera Farmiga) und John (Peter Sarsgaard) blind. Zwei Kinder haben sie schon und ein drittes ist im Bauch der Mutter vor nicht all zu langer Zeit gestorben.
Nur zu gern lassen sich die adoptionswilligen Eltern blenden: Von dem Haar schwarz wie Ebenholz, der Haut weiß wie Schnee, den Lippen rot wie Blut. Sie nehmen das russische Waisenmädchen Esther (Isabelle Fuhrman) bei sich auf, das so gepflegt Konversation betreibt, die Familie aber schon bald nach allen Regeln der Psychoterrorkunst auseinander treibt.
Es ist gewiss nicht das erste Mal, dass ein Horrorfilm die vermeintliche Unschuld eines Kindes benutzt, um das Grauen zu potenzieren. "Das Omen" und "Rosemary’s Baby" als pränatales Schreckensgemälde legten die Grundsteine im Genre und "The Orphan" betreibt hier äußerst durchtriebene Traditionspflege.
Dabei verlässt Collet-Serra ("House of Wax") nie den Pfad der Genrekonventionen: das einsame Haus am Hang, das für alle zur Falle wird, die kurzen Schrecksekunden, die sich als banale Alltäglichkeiten erweisen, und natürlich das Trauma, dem sich die Mutter in einer Radikal-therapie stellen muss.
Vera Farmiga verschwendet sich vorbehaltlos an die Rolle der ehemaligen Alkoholikerin, der niemand glauben will, als sie zu ahnen beginnt, welche Abgründe in der Seele des wohl erzogenen Waisenkindes lauern.
Bei aller vorbildlichen Genre-Gesetzestreue und durchaus stilsicherer Variation des Altbekannten fehlt dem ehemaligen Werbefilmer Collet-Serra jedoch das notwendige Gespür für dramaturgische Effizienz. Das Grauen ist im Kino eine schnell verderbliche Ware, und mit 122 Filmminuten im Reich des bösen Kindes hat "The Orphan" sein Verfallsdatum deutlich überschritten.