Johnny Depp in „Lone Ranger“: Schräger Vogel mit toter Krähe
Johnny Depp enttäuscht als Indianer in der Disney-Produktion „Lone Ranger“. In den USA ist der Film enttäuschend angelaufen.
Bevor in zwei Jahren „Fluch der Karibik“ mit seinem fünften Teil die höchstwahrscheinlich letzte Fortsetzung findet, versuchen der Produzent Jerry Bruckheimer und der Regisseur Gore Verbinski schon einmal, ein Nachfolge-Franchise aufs Gleis zu setzen. Nach der Revitalisierung des Piratenfilms, die in vier Folgen mehr als 3,7 Milliarden Dollar in die Kinokassen spülte, nehmen sie sich nun des brachliegenden Westerngenres an.
Als Vorlage dient die etwas angestaubte Serienfigur „Lone Ranger“, die in den USA zunächst in einer Radioshow und während der 50er Jahre als TV-Held Erfolge feierte. Der Mann mit der Maske und dem weißen Hut ist einer dieser aufrechten Gerechtigkeitskämpfer, die zum Western gehören wie der Staub zur Prärie.
Neben ihm reitet der skurrile Indianer Tonto, dessen Rolle in der modernen Kinoversion deutlich ausgebaut wurde, denn schließlich wird der seltsame Mann mit der toten Krähe auf dem Kopf von keinem geringeren als Johnny Depp gespielt. Und der beschränkt sich bedauerlicherweise darauf, bruchlos an seine Rollen in „Dead Man“ und „Fluch der Karibik“ anzuknüpfen. Auch den Komantschen spielt er mal wieder im gewohnt exzentrischen und leicht asynchronen Modus. Auch in „Lone Ranger“ ist er als schräger Vogel für die gelegentliche Entschleunigung des konventionellen Popcorn-Movies zuständig.
Die Geschichte wurde im Baukastenprinzip aus klassischen Westernmotiven zusammengeschustert. In der texanischen Stadt Colby ist 1869 der Fortschritt in Form einer Eisenbahnlinie angekommen. Im ersten Zug, der auf dem Bahnhof einlaufen soll, befinden sich der frischgebackene Staatsanwalt John Ried (Armie Hammer), der in seiner Heimatstadt Gesetz und Ordnung durchsetzen will, der Schwerkriminelle Butch Cavendish (William Fichtner), der in Colby an den Galgen gebracht werden soll, und Tonto, dem in einer Rahmenhandlung auch die Rolle eines nicht ganz zuverlässigen Erzählers zukommt.
Aber einen Überfall und eine spektakuläre Zugentgleisung später sieht die Welt für John Ried ganz anders aus. Sein Bruder wurde bei der Verfolgung des Bösewichtes grausamst ermordet, und der Staatsanwalt kommt nur dank der magischen Kraft eines Seelenpferdes mit dem Leben davon. Als Held wider Willen zieht er die Maske über und reitet mit dem kauzigen Indianerfreund gegen das Verbrechen ins Feld.
Vom korrupten Eisenbahnbetreiber, über die sorgfältig verdreckte Ganovenbande und eine geheime Silbermine bis zum Militärmassaker an einem unschuldigen Indianerstamm wird hier alles auf die Leinwand geworfen, was einen Western ausmacht. Hinzu kommen ausgedehnte Actionsequenzen, ein paar mystische Einsprengsel und zahlreiche Humor- und Slapstickeinlagen, für die vor allem Johnny Depp mit seinen an Buster Keaton orientierten Auftritten zuständig ist.
Das ist auf eine oberflächliche Weise halbwegs unterhaltsam, allerdings wollen die Einzelteile hier kein stimmiges Gesamtes ergeben. Vor allem die komödiantische Beziehung zwischen dem Titelhelden und seinem roten Freund kommt einfach nicht in Gang. Für zweieinhalb Kinostunden reicht das Jonglieren mit Genreversatzstücken nicht aus. Da muss eine schon emotional tragfähige Geschichte her, die in diesem Themenparkfilm einfach nicht auszumachen ist.
Die Quittung hat Disney schon bekommen. 250 Millionen Dollar hat sich der Unterhaltungskonzern den Film kosten lassen. Doch nachdem er am Start-Wochenende nur knapp 49 Millionen Dollar eingespielt hat, ist klar: Das wird ein Flop. Da muss sich auch Johnny Depp wohl dringend mal etwas Neues einfallen lassen.