Nachschlagewerk: Erste posthume Loriot-Biografie
München (dpa) - Vor einer Woche wurde Deutschland von der Nachricht vom Tod Loriots erschüttert. Politiker und Weggefährten überschlugen sich mit Würdigungen, eine Sondersendung jagte die andere.
Am 2. September - noch nicht einmal zwei Wochen nach dem Tod des großen Komikers - soll jetzt schon die erste posthume Loriot-Biografie auf den Markt kommen. Geschrieben hat sie Dieter Lobenbrett, nach Verlagsangaben Journalist und „wahrscheinlich Deutschlands größter Loriot-Fan“.
Das Buch soll eine Zeitreise durch Leben und Werk Vicco von Bülows sein und erzählen, „wie aus Vicco von Bülow Loriot wurde“. Es beginnt mit dem Kapitel „Kindheit und frühe Jugend“ und endet mit „Der unruhige Ruhestand“. Zwischendurch gibt es einen Ausflug in die ganz frühe Familiengeschichte der berühmten von Bülows, deren Wappenvogel Pirol - ins Französische übersetzt - Loriot zu seinem Künstlernamen verhalf.
In monatelanger Kleinarbeit habe Lobenbrett für die Biografie recherchiert und „mit viel Liebe zum Detail geschrieben“. Er hat so ziemlich alles zusammengetragen, was jemals über Loriot geschrieben wurde, zitiert Interviews, Zeitungsberichte und eine Dissertation. Herausgekommen ist dabei eher ein sehr detailliertes und engagiertes Nachschlagewerk zum Leben Vicco von Bülows als eine überraschende und einfühlsame Charakterstudie des Humoristen. Es liest sich mehr wie das Werk eines fleißigen Bewunderers als das eines Insiders.
Lobenbrett hat vor allem Daten und Fakten zusammengetragen. So schreibt er, dass Loriots erstes Babyhemd zur Zeit der Inflation 480 Milliarden Mark kostete. Auch ein Zeugnis des fast siebenjährigen Vicco von Bülow hat er ausgegraben: Der Junge falle durch sehr gutes Betragen und gute Leistungen auf, heißt es darin. „Nur zuweilen macht sich eine gewisse Versonnenheit bemerkbar.“ Loriot selbst soll sich einmal so an seine Schulzeit erinnert haben: „Meine Leistungen in Mathematik und Griechisch ließen zu wünschen übrig. In den Fächern Deutsch, Zeichnen und Leibesübungen verfehlte ich nur knapp das Geniale.“
Der Journalist lässt Loriot selbst immer wieder zu Wort kommen - so zum Beispiel mit der Erinnerung an den ersten Anblick eines nackten Mädchens („Die Erbsünde aber hatte ihr Haupt erhoben“) oder mit der Fassungslosigkeit nach der Pogromnacht der Nazis im Jahr 1938: „Da waren wir so allein mit unserer kindlichen Empörung.“
Im Buch folgen die Kriegs- und dann die Nachkriegsjahre, in denen Vicco von Bülow nach der Rückkehr von der Ostfront sein Abitur in der niedersächsischen Provinz nachholte und schließlich - mit Hilfe von Aktzeichnungen von seiner Freundin, deren Namen er stets geheim hielt - an der Hamburger Landeskunstschule aufgenommen wurde.
„Ja, ja, mit dem Strich ist viel Geld zu verdienen“, orakelte sein damaliger Lehrer, wie Loriot selbst sich erinnerte. In Hamburg lernte der junge von Bülow auch seine Romi kennen, mit der er sein Leben lang zusammen bleiben sollte. Auch vom Antrag auf dem Ohlsdorfer Friedhof erzählt Autor Lobenbrett. Viele Sketche, so schreibt er, sind dem Eheleben der von Bülows entsprungen.
Der Journalist beschreibt die Schlaglichter und Meilensteine in Loriots Karriere, nennt natürlich Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner in der Badewanne, „Wum und Wendelin“ und Loriots legendäre Sketch-Partner Heinz Meier und Evelyn Hamann, die der Humorist mit seinem Hang zur Perfektion vor große Herausforderungen stellte - um es vorsichtig auszudrücken. „Sicher wurden sie zum komischsten und populärsten Paar in der Geschichte des deutschen Fernsehens“, schreibt Lobenbrett über Loriot und Hamann.
Ansonsten hält der Autor sich bei seinen Auflistungen überaus respektvoll zurück und wagt sich nur selten selbst in den Vordergrund. Dann würdigt er Loriots Arbeit: „Ein Humor, der dezent ist, der Grenzen hat, der deshalb angenehm leise wirkt und nie verletzend.“ Oder er schreibt Dinge wie: „Mit ihm war eine deutsche Marke geboren, so prägnant wie Tempo oder Nivea.“
Und so schließt das Buch dann auch mit einem echten Loriot. Auf seine zahlreichen Preise angesprochen, wird dieser so zitiert: „Eine gewisse Häufigkeit ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Die Zeit zur Überreichung von Preisen wird knapp.“ Loriot starb am 22. August im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See.