„Nachtzug nach Lissabon“: Jeremy Irons als Profi-Melancholiker
Bille August verfilmt den „Nachtzug nach Lissabon“ gediegen und arg betulich.
Düsseldorf. Pascal Merciers Roman „Nachtzug nach Lissabon“ wurde zum Weltbestseller und genießt bei seinen Lesern eine fast kultische Verehrung. Nun hat der Däne Bille August („Fräulein Smillas Gespür für Schnee“) den Roman fürs Kino adaptiert.
Jeremy Irons spielt den introvertierten Berner Altphilologen Raimund Gregorius, der an ein Buch des portugiesischen Arztes Amadeu de Prado gerät. Tief berührt macht sich Raimund auf nach Lissabon, um mehr über den Autor und Widerstandskämpfer gegen die Salazar-Regierung herauszufinden.
Behäbig hakt der Film die Handlungsstationen des Romans ab, findet aber keine befriedigende Lösung, die vielen inneren Monologe seines Protagonisten auf der Leinwand umzusetzen. Natürlich schaut man dem Profi-Melancholiker Irons gerne bei der Arbeit zu, aber die Hintergründe von Raimunds seelischem Wandel kann auch er nicht vermitteln.
Mit dieser Beschränkung arbeitet August unfreiwillig auch die Schwächen der Vorlage heraus — vor allem die klischeehaften Frauenfiguren. Charlotte Rampling als ergebene Schwester des Widerstandkämpfers, Melanie Laurent als begehrenswerte Revoluzzerbraut und Martina Gedeck als potenzielle Liebhaberin des hadernden Altphilologen — hier sind erstklassige Schauspielerinnen am Werk, die vergeblich gegen die Eindimensionalität ihrer Rollen anspielen.
Bille Augusts „Nachtzug nach Lissabon“ fehlt der Mut zum souveränen Umgang mit der Vorlage, und so landet der Film im betulichen Mittelmaß, wo schon viele Literaturverfilmungen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.