Schauspieler Hilmar Thate gestorben

Berlin (dpa) - Energisch, streitlustig und doch sehr feinfühlig. Hilmar Thate war ein echter Vollblutschauspieler.

Foto: dpa

Als aufmüpfiger Landwirt „Daniel Druskat“ stellte er sich im DDR-Fernsehen Manfred Krug als Film-Gegenspieler entgegen. Im wiedervereinigten Deutschland gewann Thate als „Der König von St. Pauli“ ein großes Fernsehpublikum.

Am Theater brillierte der in Dölau bei Halle geborene Darsteller als „Mephisto“ und feierte als „Richard III.“ einen seiner größten Bühnentriumphe.

Am vergangenen Mittwoch (14.9.) starb Thate im Alter von 85 Jahren in Berlin, wie die Akademie der Künste am Samstag unter Berufung auf den Familienkreis mitteilte. Um Thate und seine Ehefrau - „Paul und Paula“-Star Angelica Domröse (75) - war es in den vergangenen Jahren still geworden. Seit 40 Jahren waren die Eheleute verheiratet, die als glamourösestes „DDR-Film-Traumpaar“ verehrt wurden und zuletzt sehr zurückgezogen lebten.

Thates künstlerische Heimat war das Theater ebenso wie der Film. Ob Shakespearescher König, halbseidene Rotlicht-Größe oder Vorsitzender einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft in der DDR - Thates Bandbreite als Schauspieler war legendär. Nach außen eher ruppige Charaktere mit großer emotionaler Tiefe waren die Spezialität des Darstellers, der immer wieder auch „der Widerborstige“ genannt wurde.

Für Rainer Werner Fassbinder stand er für das Drama „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ vor der Kamera, das 1982 den Goldenen Bären der Berlinale gewann. In Volker Schlöndorffs „Der neunte Tag“ (2004) spielte Thate den Bischof Philippe. In nur wenigen, zurückgenommenen Auftritten gelang es dem Schauspieler mit seinem feinen Spiel, die Not eines Gottesmanns im Banne des deutschen Faschismus zu reflektieren.

Sein Debüt gab Thate bereits 1949 am Theater in Cottbus. Schon drei Jahre später spielte er erstmals in Ost-Berlin - rasch wurde er einer der gefeiertsten Bühnenstars der DDR. „Ich bin ein Kriegskind, nicht verwöhnt und hatte Glück“, meinte der Schauspieler einmal.

Von 1959 bis 1970 war Thate am Berliner Ensemble, danach bis 1980 am Deutschen Theater Berlin. Parallel zu seiner Theaterarbeit stand der charismatische Künstler regelmäßig vor der Kamera. Es entstanden Kinofilme wie „Das Lied der Matrosen“ (1959), „Der geteilte Himmel“
(1964) und „Wahlverwandtschaften“ (1974). Mit TV-Filmen wie dem Mehrteiler „Daniel Druskat“ (1976) wurde Thate zum Publikumsliebling.

Dann schob das DDR-Regime das Paar Thate/Domröse aufs künstlerische Abstellgleis. Grund war die spektakuläre Protesterklärung von zahlreichen DDR-Künstlern gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann 1976, die auch die beiden unterzeichnet hatten. „Ich bereue im Nachhinein nicht eine Sekunde, diese Unterschrift geleistet und nicht zurückgenommen zu haben“, sagte Thate einmal. Doch der Druck wurde zu groß. Das Ehepaar stellte einen Ausreiseantrag und siedelte 1980 in den Westen über.

Dort fanden Thate und Domröse eine neue Heimat am West-Berliner Schillertheater und am Schlossparktheater, wo sie in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ auf der Bühne standen. Beiden gelang es, in der Bundesrepublik beruflich schnell Fuß zu fassen. Die Hauptrolle in Peter Zadeks Sensationserfolg „Jeder stirbt für sich allein“ (1980) und sein packender Auftritt in Fassbinder „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ sicherten Thate erneut einen unangefochtenen Star-Status.

Thate arbeitete mit Regiegrößen wie George Tabori und Ingmar Bergman zusammen. Zuletzt war Thate in dem Kinofilm „Hitlerkante“ (2005) zu sehen. Darin spielt er einen regimekritischen Komponisten, der sich in eine glühende Hitler-Verehrerin verliebt.