Starker Bond, schwache Story
Mit „Ein Quantum Trost“ dreht Marc Forster die Fortsetzung zu „Casino Royale“. Der Film ist aber eher ein „Bourne“-Abklatsch.
Dieser Film hinterlässt einen Zwiespalt. Da ist einerseits die Erkenntnis, dass man sich an Daniel Craig als James Bond dermaßen gewöhnt hat, dass man im ersten Moment, in dem er auf der Leinwand erscheint, denkt: Das ist Bond, und nicht, wie damals bei "Lizenz zum Töten", Timothy Dalton, der so tut, als sei er Bond.
Craig füllt jeden Aspekt von 007 so passgenau aus, dass man den Eindruck hat, er würde mit seinem Aston Martin serienmäßig mitgeliefert. Er gibt der Rolle das zurück, was ihr mit den Moores, Daltons und Brosnans abhanden gekommen ist: unterkühlte Männlichkeit, markante Physis, im entscheidenden Moment aber doch die Fähigkeit zum ironischen Augenzwinkern.
Nun macht ein guter Bond noch lange keinen guten Bond. In der Endabrechung übrig blieben eher die 007-Filme, die eine interessante Geschichte zu erzählen hatten: "Goldfinger", "Der Spion, der mich liebte", "GoldenEye" und natürlich vor zwei Jahren der Einstand von Craig in "Casino Royale". Es sind Filme, die eine Idee haben, an der sich das Actionfeuerwerk entzündet. Bei den meisten Bonds wirkt das eher umgekehrt. Da ist es nur Action mit vielen versponnenen Ideen.
"Ein Quantum Trost" reiht sich leider genau dort ein. Bond will Rache für den Tod seiner geliebten Vesper. Er sucht nach den Köpfen der Organisation, die sie erpresst hat und stößt auf den Lobbyisten Dominic Greene (Mathieu Amalric), eine der treibenden Kräfte innerhalb der dubiosen Interessengruppe Quantum. Ihr wahres Vorhaben, die Kontrolle über sämtliche Ölreserven der Welt, verschleiert sie durch gemeinnützige Veranstaltungen zur Rettung der Umwelt.
Der 22. Bond wagt damit etwas, was der eher zerfaserten Dramaturgie der Reihe grundsätzlich zugute kommt: Er ist eine Fortsetzung. Die Handlung setzt ein, wo "Casino Royale" endet. Bond ist auf der Flucht. Im Kofferraum liegt der Mann, der Vesper auf dem Gewissen hat. Regisseur Marc Forster schießt den Zuschauer mitten hinein ins Geschehen. Man sieht Boliden rasen, Blech bersten und Kugeln fliegen. Dieser Bond gönnt seinen Fans keine Verschnaufpause. Die Tatsache, dass es mit 106 Minuten der kürzeste Bond aller Zeiten ist, bestätigt das.
Doch genau damit setzt der Zwiespalt ein. Bond ist hier nicht mehr Bond, zumindest, was die körnigere, atemlosere, unmittelbarere Ästhetik anbelangt. In vielen Sequenzen, in denen Craig seine Gegner über Dächer und durch Hotelflure jagt, hat man plötzlich die stilbildenden Momente der "Bourne"-Trilogie vor Augen.
Das ist so gewollt, das haben die Produzenten schon bei "Casino Royale" als Losung ausgegeben. Wenn gleichzeitig von 007 aber nichts mehr bleibt außer dem hüftsteifen Gegenspieler und schmollmundig um Anerkennung ringender Bond-Girls (Gemma Arterton, Olga Kurylenko), dann verliert die Reihe ihre Existenzberechtigung.
Was nicht heißen soll, dass dieser Bond im Kern nicht die Unterhaltung böte, die man von ihm erwartet. "Ein Quantum Trost" ist über weite Strecken durchaus spannend, er glänzt sogar mit geschmackvollen Sequenzen wie der "Tosca"-Aufführung auf der Seebühne in Bregenz, während der sich die im Publikum verteilten Quantum-Mitglieder per Headset abstimmen. Oder der eleganten Referenz an "Goldfinger", wenn eine Frau in gleicher Pose wie damals regungslos auf dem Bett liegt, nur diesmal nicht mit Gold, sondern mit Öl überzogen.
Immer dann aber, wenn man meint, jetzt ist der Film wieder in der Spur, lässt Forster sein eher uninspiriertes Bildgewitter losdonnern.
Für den bloßen Moment mag dieses Actionvehikel das Bedürfnis nach Bond stillen. In ein paar Jahren ist "Ein Quantum Trost" aber nur noch einer von vielen Bonds. Nicht so erbärmlich wie "Moonraker", sicher. Aber auf einer Stufe mit "Die Welt ist nicht genug". Den kennen Sie nicht mehr? Sehen Sie!