"The American": Ein trauriger Auftragskiller
Drama: Regisseur Anton Corbijns verlässt sich in seinem Film „The American“ ganz auf George Clooney.
Fans von George Clooney müssen genau aufpassen. Denn das entspannte Lächeln, dieses grundzufriedene Grinsen, das ihn einerseits so sympathisch macht, andererseits aber auch so außerirdisch erscheinen lässt, sieht man in "The American" nur in den ersten beiden Szenen: Ein Mann und eine Frau nach dem Liebesspiel in einer Waldhütte, erschöpft, glücklich, entspannt, schweigend.
Sie machen einen Spaziergang über einen zugefrorenen See. Sie schmieden Pläne für die nächsten Tage, lachen, die Harmonie ist perfekt. Bis Jack, der Mann, den Clooney spielt, Fußspuren im Schnee entdeckt. Plötzlich beherrscht Panik sein Gesicht, kurz darauf pfeifen auch schon die ersten Schüsse durch die unschuldig weiße Landschaft Mittelschwedens. Jack wurde enttarnt. Sein Fehler war, sich mit Menschen einzulassen.
Die beiden Einstellungen skizzieren das, wonach die Hauptfigur während des gesamten restlichen Films verzweifelt suchen wird: Anschluss, Nähe, ein Zuhause. Jack ist Waffenkonstrukteur. Für Terroristen oder üppig zahlende Privatleute fertigt er Präzisionsgewehre an. Nun will er aussteigen, endlich ein erfülltes Leben führen, ohne von der gesichtslosen Meute gehetzt zu werden, die er mit seinen Todesinstrumenten gegen sich aufgebracht hat.
Für einen letzten Job taucht er in den Abruzzen unter, in Castel del Monte, einem unwirklichen Ort auf einer Bergkuppe, dessen steinerne Häuser sich von weitem betrachtet unordentlich übereinander zu stapeln scheinen. Das Filmteam musste hierhin ausweichen, weil der eigentliche Ort der Handlung aus Martin Booths gleichnamiger Romanvorlage, das historische L’Aquila, kurz vor Drehbeginn von einem Erdbeben nahezu zerstört worden war. Dem Film tat das trotz aller tragischen Umstände gut. Die verschachtelte Kulisse des wesentlich kleineren Ortes spiegelt Jacks unaufgeräumtes Innenleben treffend wider.
Rastlos streunt er hier durch die engen Gassen. Er wartet auf genaue Anweisungen seines Auftraggebers, während er so tut, als sei er Fotograf, der einen Bildband über italienische Bergdörfer vorbereitet. Regisseur Anton Corbijn lässt die Stimmung auf den Zuschauer wirken, ohne viele Worte zu verlieren: Clooney beim Frühsport, beim ziellosen Durchwandern der Umgebung, beim Espresso in verwinkelten Cafés, beim anonymen Sex im einschlägigen Etablissement.
Ausgerechnet hier begegnet er Clara (Violante Placido), in die er sich verliebt. Ein dünner Streifen Hoffnung durchzieht von da an wieder die verdunkelte Miene des Einzelgängers. Clooney tariert diese winzigen Gefühlsnuancen mimisch wunderbar aus.
Trotzdem lässt seine Figur den Zuschauer streckenweise kalt. geschuldet ist das der minimalistischen Erzählstruktur, die wenig Einblick in Vergangenheit und Seelenleben des Protagonisten zulässt. Sympathie und Anteilnahme wollen sich beim Zuschauer dadurch nur schwer einstellen.
Corbijn verlässt sich für seine fast schon meditative Beobachtung eines Mannes und dessen Suche nach Erlösung zu sehr auf die Ausstrahlung des Hauptdarstellers und seine ureigene Bildästhetik, diese unnahbare Grobkörnigkeit, die schon seine Fotoarbeiten und Videoclips für Depeche Mode oder Herbert Grönemeyer prägte, der hier die Musik beisteuerte.
Das ist stilistisch zwar ein Genuss, wird aber im letzten Drittel, in dem man nicht mehr nur betrachten, sondern auch mitfiebern sollte, mangels Identifikations-Momenten zur zermürbenden Geduldsprobe.
WZ-Wertung: 3 von 5 Punkten