Thor - Der Hammer hängt woanders

Mit mächtig Karacho und vielen Stars in Nebenrollen inszeniert Regisseur Kenneth Branagh die Leinwand-Geburt von Comic-Held Thor.

Ein Pfundskerl ist er, dieser Thor. Einer, mit dem man Pferde stehlen kann. Dumm nur, dass dem Heißsporn hin und wieder die Gäule durchgehen, wenn er das Königreich seines Vaters Odin bedroht sieht. Dann kann es auch sein, dass er rein provisorisch bei den Feinden Asgards vorbeischaut, um dort Hammer schwingend ein Exempel zu statuieren.

Ein bisschen lächerlich wirkt dieser Testosteron-Blondie, dargestellt vom australischen Soap-Schönling Chris Hemsworth, der zu Beginn von Kenneth Branaghs „Thor“ alles kurz und klein haut. Als Zuschauer verliert man inmitten dieses wirren Action-Gemetzels, das durch den Unterweltcharakter des Schauplatzes zudem sehr düster wirkt, schnell den Überblick: Wer gut und böse ist, lässt sich nur noch erahnen.

Man könnte Branagh natürlich zugute halten, dass es durchaus Sinn macht, in dieser ersten Schlacht die Grenzen zu verwischen. Denn Thor ist mit seinem jugendlichen Eifer und der überspannten Haudrauf-Mentalität alles andere als ein strahlender Held. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass das nervöse Bilderchaos weniger stilistischer Finesse als vielmehr dem Drang nach ordentlich Krawall geschuldet ist. Schließlich eröffnet „Thor“ die diesjährige Blockbuster-Saison. Und gerade die amerikanischen Kinos brauchen nach einem verheerenden Start ins Jahr einen ersten knalligen Superhit.

Die Geschichte basiert nicht auf der germanischen beziehungsweise nordischen Helden-Sage, sondern auf einem US-Comic aus dem Hause Marvel (X-Men, Spider Man), der bereits seit den 1960er Jahren verlegt wird. Darin schleudert Göttervater Odin seinen widerspenstigen Sohn immer wieder in andere Welten, damit er sich der Thronfolge würdig erweist.

In der Filmfassung ist das Familienoberhaupt (Anthony Hopkins) so erzürnt über den Alleingang seines Sprösslings, dass er ihn ins Jahr 2011 verfrachtet. Den Hammer wirft er ihm erst später hinterher, weswegen seine Wunderwaffe erst mal als verschollen gilt. Und ohne das wuchtige Eisen ist der ruppige Nachwuchs-Gott ziemlich aufgeschmissen.

Seltsamerweise funktioniert der Film ab dieser Wendung: In den Szenen, in denen sich der schelmisch grinsende Jüngling mit Riten und Techniken der Gegenwart anfreunden muss, gelingt Branagh charmantes Popcorn-Kino. Dass Alleskönnerin Natalie Portman die attraktive Wissenschaftlerin spielt, die den orientierungslosen Hünen in der Wüste beinahe über den Haufen fährt, tut ein Übriges.

Schwenkt die Handlung allerdings zurück nach Asgard, wo Thors Bruder Loki (Tom Hiddleston) die Macht an sich reißen will, bleibt nur wuchtiges Massaker in bleierner Kitsch-Ästhetik — Götterwelt als Reizüberflutung. Das Hier und Jetzt hat doch manchmal seine Vorteile.