TV-Serie „Boardwalk Empire“: Wo der Kämmerer auch schmuggelt

Scorseses „Boardwalk Empire“ zeigt, wozu Fernsehen in der Lage ist.

New York. Es sind die immer gleichen Rituale: Männer an Restauranttischen, Sätze, in denen jedes Wort das letzte sein kann, ein Nicken, das den ungeschriebenen Vertrag besiegelt.

Und dann die Gewalt, in der sich alles explosionsartig auflöst, ein himmelschreiender Widerspruch zur romantischen Verklärung von Familie und Männerfreundschaft. Loyalität hört dort auf, wo das große Geldverdienen beginnt.

Kein Genre verfügt über ein so reichhaltiges Repertoire an wiederkehrenden Themen und Symbolen wie der Mafiafilm. Und kein Regisseur, außer vielleicht Francis Ford Coppola mit seinen „Paten“, hat dieses Repertoire so geprägt wie Martin Scorsese. In den 90er Jahren hat er mit „GoodFellas“ und „Casino“ den Aufstieg und Niedergang der feinen Gesellschaft durchdekliniert.

Nun nehmen er und Terence Winter („The Sopranos“) sich eine ganze TV-Serie lang Zeit, die den cineastischen Meisterwerken so nah kommt, dass „Die Welt“ schon fürchtete, sie könne „das Kino ruinieren“.

Selbst wenn es nicht so weit kommt: „Boardwalk Empire“ zeigt, wozu Fernsehen heute fähig ist. 8 Millionen Dollar hat allein der von Scorsese inszenierte Pilotfilm gekostet, und jeden Cent davon sieht man. Eine komplette Strandpromenade, eben den „Boardwalk“, haben die Macher nachgebaut, sie stellt das Atlantic City des Jahres 1920 dar.

Die komplexe Handlung mit dutzenden Figuren beginnt am Vorabend der Prohibition: Das Alkoholverbot macht den Weg frei für das organisierte Verbrechen.

Diese historisch verbürgte Geschichte wurde bislang in Kino und Literatur selten erzählt. Dabei ist sie eine Fundgrube für alles, was Filme spannend macht: Verbrechen, Verführung und Verstrickungen, politische Intrigen und menschliche Schicksale. Getragen wird all das von Schauspielern wie Steve Buscemi und Michael Pitt, die man sonst nur im Kino sieht.

Scorseses Einstieg ist zugleich ein Symbol. Wenn er, der seit bald 40 Jahren im Olymp des Films zu Hause ist, jetzt Fernsehen macht, dann sind TV-Serien endgültig zur eigenständigen Kunstform geworden. Diese Entwicklung fing vor zwölf Jahren mit den „Sopranos“ an, einer Familienserie über das Ende der Mafia. „Boardwalk Empire“ erzählt davon, wie alles begann.

„Boardwalk Empire“ ist ab Freitag auf DVD und Blu-ray erhältlich (Warner Home Video, 12 Folgen auf fünf Discs, 673 Minuten, FSK ab 16). Die Blu-rays lassen sich in einem speziellen Modus abspielen, der während jeder Folge historische Hintergründe und Making-of-Szenen liefert.