Kein komfortabler Film Viel nackte Haut: Berlinale-Gewinnerin Adina Pintilie
Berlin (dpa) - „Ich kann es noch nicht glauben“. Als Adina Pintilie (38) den Goldenen Bären der Berlinale in Empfang nimmt, verharrt sie für einen Moment sprachlos auf der Bühne. Gerade hat sie für „Touch Me Not“ („Berühre mich nicht“), ihr Filmexperiment über die Sexualität, den wichtigsten Preis des Festivals bekommen.
Die Filmemacherin aus Rumänien ruft Produzenten und Schauspieler dazu, etwa zwei Dutzend Menschen, die es auch nicht ganz glauben können. „Menschen in Schock“, fasst Moderatorin Anke Engelke die Szene zusammen.
Wohl nicht nur auf der Bühne. Die Entscheidung der Jury um Regisseur Tom Tykwer erreichte wohl auch das Publikum eher unvorbereitet. Mit viel nackter Haut und der offenen Darstellung von Sexualität war Pintilies Mischung aus Doku und Fiktion äußerst kontrovers auf dem Festival aufgenommen worden. Zwischen Achselzucken und grenzwertig fielen die Reaktionen aus. Viele verließen das Kino frühzeitig.
Pintilies Figuren führen wie im Labor vor, was Körperlichkeit und Intimität bedeuten können. Konkret und drastisch. Nähe und Distanz - „der Film ist eine Einladung zum Dialog und eine Ermunterung, uns dem Anderen zu öffnen“, sagte die Regisseurin nach der Verleihung. „Wir bieten den Zuschauern einen Spiegel an, in den sie blicken und sich fragen können, was für sie Intimität bedeutet.“
Vier Jahre habe sie an dem Projekt gearbeitet, „eine Arbeit der Liebe“, wie sie es nennt. In der Zeit habe sie Darsteller gefunden, die sich auf das Abenteuer einlassen wollten. „Unglaublich mutig“ seien sie gewesen, diese „Kameraden in der Armee der Liebe“.
Pintilie weiß auch, dass die Reaktionen auf die teilweise deutlich dargestellten Möglichkeiten menschlicher Sexualität sehr unterschiedlich ausfallen würden. „Es ist kein komfortabler Film“, jeder müsse wohl eine persönliche Antwort auf die Bilder finden.
Experimentierfreudig war Pintilie schon immer. Nachdem sie 2008 ihr Studium an der Nationaluniversität der Theater- und Filmkunst „Ion Luca Caragiale“ in Bukarest abschloss, drehte sie zunächst mehrere Kurzfilme. Für „Diary #2“ erhielt sie den Zonta-Preis bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. Bereits in ihren ersten Werken lotete sie die Grenze zwischen Fiktion, Dokumentation und Kunst aus und bediente sich einer eigenwilligen Bildsprache.
Nun hofft die Regisseurin, dass auch der Filmvertrieb mitspielt und „Touch Me Not“ in die Kinos kommt. „Schließlich haben wir den Film für das Publikum gedreht.“