Gerhard Richter schenkt Münster ein Kunstwerk
In einer entweihten Kirche realisiert der Künstler ein Werk: Aus der 29 Meter hohen Kuppel soll ein Pendel herabbaumeln.
Münster. Der Altar ist längst weg — an das frühere Kreuz an der Wand erinnern nur noch helle Umrisse in der ergrauten Wand: Die barocke Dominikanerkirche in Münster ist seit kurzem profaniert — also entweiht. Hier wird der weltberühmte Künstler Gerhard Richter ein Foucault’sches Pendel realisieren — damit kann die Erdrotation nachgewiesen werden. Für Besucher wird es ab dem Frühsommer 2018 zugänglich sein. Für die Stadt Münster ein bedeutsames Geschenk: Der in Dresden geborene und in Köln lebende Richter wird in Rankings immer wieder als der einflussreichste lebende Künstler der Welt geführt. Seine Bilder erzielen auf dem Kunstmarkt Spitzenpreise.
„Mich hat das fasziniert“, sagte der 85 Jahre alte Richter über das Foucault’sche Pendel bei der Vorstellung des Konzepts am Donnerstag in Münster. Der Physiker Léon Foucault hat mit dem Pendel im Jahr 1851 den Nachweis erbracht, dass sich die Erde im Sonnensystem um sich selbst dreht. Nach der Wiederholung seiner Versuchsanordnung im Pantheon in Rom erkannte die katholische Kirche erstmals das heliozentrische System Galileis und Newtons an. „Ich finde es so passend für diesen Ort“, sagte er. Schon seit zehn Jahren habe er das Pendel realisieren wollen — nur an einem Ort dafür habe es gefehlt. Auf Einladung von Kasper König, dem künstlerischen Leiter der Skulptur Projekte, kam er dann nach Münster, und stieß so auf die Dominikanerkirche.
„Es ist ein markanter Impuls für Münster als international wahrgenommener Kulturstandort“, sagte Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) am Donnerstag. Der Rat hat der Schenkung zugestimmt. 650 000 Euro soll die Realisierung kosten — neben der Stadt wollen private Geldgeber bei der Finanzierung helfen. In einem ersten Schritt werden für die öffentliche Hand zunächst 50 000 Euro fällig.
Das Pendel soll später aus der 29 Meter hohen Kuppel der Kirche herabhängen. Für die Nord- und Südwand unter der Kuppel werden vier große rechteckige Glastafeln gefertigt, in denen sich die Bewegungen des Pendels und die Besucher spiegeln werden. Die 35 Kilo schwere Kugel soll dann über einer kreisrunden Bodenfläche schwingen. Für Besucher wird es voraussichtlich ein sehr meditativer Ort werden: Während das Pendel ununterbrochen schwingt, wird sich die Ebene unter der Kugel langsam nach Osten drehen. Pro Stunde beträgt die Drehung rund zwölf Grad. So lange muss man vermutlich mindestens warten, um etwas von der Erdrotation zu sehen. dpa