Mit Krücke am Knie: Manson zog seine Show durch
Zunächst saß Schock-Rocker Marilyn Manson sogar im Rollstuhl. Er hatte sich bei einem Konzert in New York verletzt.
Düsseldorf. Fans von Marilyn Manson sind provokante und laute Shows gewöhnt, in denen der Skandalsänger nicht selten mit obszönem Verhalten schockiert. In seinen okkult anmutenden Shows spielen Gewalt und Aggression eine genauso große Rolle wie Sozialkritik und Außenseitertum. Am Mittwochabend lernte das Publikum in der gut gefüllten Halle an der Siegburger Straße eine etwas ruhigere Seite des Sängers kennen, die jedoch keineswegs weniger authentisch war. Manson, der vor acht Wochen bei einem Konzert in New York auf der Bühne eine Verletzung am Bein erlitt, als die Bühnendeko, bestehend aus zwei übergroßen gekreuzten Revolvern, auf ihn stürzte, musste operiert werden und anschließend einige Konzerte seiner Tour absagen.
Nach eigenen Angaben hat der 48-jährige noch immer zehn Schrauben und eine Metallplatte in seinem Knöchel. Mit fixiertem Bein setzte er seine Tour nun fort und zog seine Bühnenshow für das Düsseldorfer Publikum gnadenlos durch. Anstatt seinen Gesundheitszustand zu kaschieren, setzte Manson ihn in den Fokus der Show. Gleich zu Beginn seines Konzerts bewegte er sich auf einem Rollstuhl über die Bühne, der einem Thron ähnelte. Für die Fans in der ersten Reihe bot sich damit ein ungewohntes Bild des Sängers, der gewöhnlich viel Einsatz auf der Bühne zeigt und keinen Kontakt scheut. Denn diesmal war Marilyn Manson stark eingeschränkt, immer mal wieder auf die Hilfe seiner Bandkollegen angewiesen und hatte sogar eigene Sanitäter in OP-Kluft dabei, die ihm als Teil der Show im Laufe des Abends von seinem Thron auf einen tatsächlichen Rollstuhl, eine Krankentrage und schließlich auf die Beine halfen.
Am Mikroständer konnte er dank einer Krücke, die an seinem Knie befestigt war, einige seiner Songs im Stehen zum Besten geben. Die Menge vor der Bühne konnte er so trotz seines Handicaps mitreißen. Manson und seine Band spielten Songs aus dem neuesten Album „Heaven Upside Down“, wie etwa „Say10“ oder „Kill4Me“, aber auch einige seiner bekanntesten Klassiker, wie „The Beautiful People“ und das Eurythmics-Cover „Sweet Dreams“, das ihm vor über 20 Jahren zum Durchbruch in den Mainstream-Charts verhalf. Außerdem konnte sich das deutsche Publikum von den ausbaufähigen Deutschkenntnissen des selbsternannten „Antichrist Superstar“ überzeugen. Seine Fans sprach Manson immer wieder mit „Deutschlääänd“ an, einmal ging ihm sogar ein seichtes Düsseldorf über die Lippen.
Selbst die wenigen Worte klingen mit seiner rauchigen Stimme überraschend einnehmend. Manson mag zwar eingeschränkt gewesen sein, die Bühnenshow hat seine Fans aber trotzdem voll überzeugt.
Für Zuschauerin und Manson-Fan Anna Lea Elmer hat der 48-jährige Rocksänger auch nach vielen Jahren im Geschäft nicht an Charisma verloren. Extra aus Warendorf angereist, besuchte sie in Düsseldorf bereits ihr fünftes Marilyn-Manson-Konzert. „Trotz seiner offensichtlichen Schmerzen hat dieser Mann es einfach geschafft, seine Show für seine Fans durchzuziehen, ohne sie zu enttäuschen“, sagt die 27-Jährige.
Immerhin hat der Sänger trotz fixiertem Bein 80 Minuten auf der Bühne gestanden. Bei bisherigen Konzerten habe er oft nur eine Stunde gespielt, sagt Elmer. Die Songauswahl hat ihr diesmal besonders gefallen, da neben Songs des neuen Albums auch einige Manson-Klassiker im Mittelpunkt standen: „Mit seinen Klassikern „This Is The New Shit“ und „mObscene“ hat er richtig überzeugen können, die haben einfach gesessen, auch noch nach so vielen Jahren.“ Dass Mansons Verletzung ihn nicht davon abhielt, eine überzeugenden Show hinzulegen, überraschte Anna Elmer schon, da sie ihn bisher nur in Bewegung erlebte: „Obwohl er sich kaum bewegen konnte, hat er für richtig gute Stimmung gesorgt.“
Verglichen mit ihrem letzten Manson-Konzert vor zwei Jahren bei Rock am Ring habe der Sänger am Mittwoch sogar noch mehr überzeugen können, sagt der langjährige Fan: „Manson hat sich musikalisch diesmal mehr Mühe gegeben und sogar noch besser gesungen. Mich hat er jedoch bisher immer überzeugen können.“ Was ihr und vielen anderen Zuschauern weniger gefiel, waren die zahlreichen Kostümwechsel, bei denen der Sänger auf die Hilfe seiner „Pfleger“ angewiesen war. Denn dabei musste die Show immer wieder einige Minuten pausieren, in denen es quasi dunkel und still war. So war seine Show diesmal auch weniger schockierend. Anna Lea Elmer hat bei vergangenen Konzerten bereits erlebt, wie der Sänger sich auf der Bühne selbst verletzte oder eine Bibel zerfetzte. Sie zweifelt allerdings nicht daran, dass der Mann mit dem stark geschminkten Gesicht zu dem schockierenden Verhalten zurückkehren wird, für das ihn seine Fans lieben, sobald er wieder fit ist.
Schließlich endete Marilyn Mansons Show genauso schnell, wie sie begann. Ohne Zugabe wurde er von seinen „Sanitätern“ von der Bühne getragen, bevor der letzte Song zu Ende gespielt war. Doch dies nahmen ihm seine Fans nicht übel — sie waren froh darüber, dass er nicht abgesagt hatte.