Interview Isabel Pfeiffer-Poensgen will die Städte unterstützen

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft, über den Erhalt von Theatern und Museen, das Kunstregister und Studiengebühren.

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Düsseldorf. Keine Personalie des neuen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) wurde in der Kunstszene mehr gefeiert als die Nominierung der parteilosen Juristin und Kunsthistorikerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, die bis dato Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder war. Wir wollten wissen, was sie dazu veranlasste, aus der Metropole Berlin in die Landeshauptstadt Düsseldorf zu wechseln. Welche Pläne, Wünsche und Ziele hat sie? Das Gespräch fand in ihrem neuen Büro in Düsseldorf an der Völklinger Straße statt.

Frau Pfeiffer-Poensgen, warum fügt sich die bundesweit bekannte Kulturfunktionärin ohne Parteibuch jetzt in ein Kabinett ein?

Das Kabinett Laschet: Diese Gesichter muss man sich in NRW merken
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Isabel Pfeiffer-Poensgen: Ich war zwölf Jahre in der Kulturstiftung der Länder tätig und konnte zum Glück sehr viel in den Bereichen bewegen, die mit der Bewahrung des nationalen Kulturguts zu tun hatten. Hier in NRW bin ich jetzt nicht nur für die Kunst, sondern auch für die Wissenschaft verantwortlich. Als Herr Laschet mir dieses Angebot machte, habe ich das als sehr ehrenvoll empfunden.

Sie haben über die Kulturstiftung die Kunstsammlung stark unterstützt, zuletzt beim Ankauf der Sammlung Fischer. Sie saßen in der Berufungskommission für die Nachfolge von Marion Ackermann und können nun die neue Direktorin Susanne Gaensheimer gleich als vorgesetzte Ministerin begrüßen. Welche Erwartungen haben Sie an die Landesgalerie?

Pfeiffer-Poensgen: Die Kunstsammlung ist als eine exquisite Sammlung der Moderne im weitesten Sinn bekannt. Ich freue mich, für ein so bedeutendes Museum mit verantwortlich zu sein. Meine Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen für die Arbeit und Entwicklung dieses Hauses bestmöglich zu gestalten. Die inhaltliche Ausrichtung ist Sache der neuen Direktorin. Frau Professor Gaensheimer kenne ich seit einigen Jahren.

Was schätzen Sie an ihr?

Pfeiffer-Poensgen: Ihre Aufgeschlossenheit für die internationale Gegenwartskunst und die Ernsthaftigkeit, mit der sie Themen für ihr Museum bearbeitet.

Ihr Ministerium zieht um?

Pfeiffer-Poensgen: Die gesamte Kulturabteilung wird zu uns an die Völklinger Straße ziehen. Kurze Wege sind immer hilfreich, wenn man gemeinsam neue Dinge gestalten oder Bewährtes weiterentwickeln möchte.

Der Kulturetat soll bekanntlich von 200 Millionen Euro im Laufe der kommenden fünf Jahre auf 300 Millionen steigen. Was heißt das konkret? Wie werden Sie die jeweils jährlich zusätzlich rund 20 Millionen aufteilen?

Pfeiffer-Poensgen: Die Gesprächsrunden dazu beginnen gerade erst. Zum einen lerne ich die Einschätzungen des Hauses kennen. Zum anderen spreche ich mit den Akteuren in Theatern, Museen und Orchestern, um auch deren Vorstellungen kennenzulernen. Erst danach werden Entscheidungen getroffen.

Gibt es neue Konzepte? Ein ganzes Staatstheater, nicht nur ein halbes? Ein Staatsballett anstelle einer Einrichtung, die sich aus der Finanzierung zweier Kommunen speist?

Pfeiffer-Poensgen: Bei uns ist die staatliche Verantwortung nicht aus einem Feudalstaat entstanden, sondern wir haben eine stark entwickelte und sehr bewährte bürgerliche und damit kommunale Struktur. Fragen etwa zu einem Staatsballett oder ähnlichen Einrichtungen liegen aufgrund dieser besonderen kommunalen Bedingungen gar nicht auf dem Tisch. Oberste Priorität ist es, die für NRW so typische Infrastruktur in der Kultur zu sichern. Es gibt in vielen Städten immer wieder Diskussionen, ob man ein Theater oder ein Museum erhalten soll. Wir wollen durch entsprechende Angebote die Städte unterstützen, genau dies zu tun.

Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP ist an ein „Kulturgesetzbuch“ gedacht. Was darf man darunter verstehen?

Pfeiffer-Poensgen: Die Kulturangebote in den Städten sind häufig gefährdet, sobald Haushaltssicherung besteht. Ich würde mir daher wünschen, dass es in dieser Hinsicht eine höhere Verbindlichkeit gibt. Das aktuelle Kulturfördergesetz steht demnächst zur Evaluierung an. Was hat es gebracht? Wo müssen wir es verändern? Ein Kulturgesetzbuch soll am Ende alles zusammenführen.

Ein „digitales Kunstregister“ für Werke im Eigentum des Landes und der landeseigenen Gesellschaften ist avisiert. Wie ist es mit dem Urheberrecht vereinbar, in dem die Abbildungsrechte erst 75 Jahre nach dem Tod eines Künstlers freigegeben werden?

Pfeiffer-Poensgen: Das muss man natürlich wie bei jeder Publikation klären. Hier geht es eher um ein Register. Zuletzt hatte sich bei dem sehr umstrittenen Verkauf der Portigon-Sammlung gezeigt, dass es keinen genauen Überblick über die vielen Sammlungen von Unternehmen gibt, an denen das Land beteiligt ist. Selbstverständlich sollte das Land wissen, welche Werke an welchen Orten vorhanden sind.

CDU und FDP sprechen von „Partnerschaftsmodellen zwischen öffentlichen und privaten Trägern“. Im Düsseldorfer Museum Kunstpalast ist diese Partnerschaft zwischen E.ON und der Stadt grandios gescheitert. Wie lässt sich der Wunsch nach staatlicher Fürsorge mit einer Partnerschaft durch Private vereinbaren?

Pfeiffer-Poensgen: Vor dem Hintergrund der Düsseldorfer Erfahrungen lernt man ja, dass man sich ein Zusammenwirken sehr genau überlegen muss. Der Staat hat als Träger der Kultur die Aufgabe, für die Infrastruktur zu sorgen. Das Zusammenwirken mit Privaten kann sich zum Beispiel auf bestimmte Ausstellungen und Ankäufe beziehen. Allerdings ist stets eine klare Aufgabenverteilung notwendig, sonst ist ein Museum unter Umständen von der aktuellen Geschäftslage eines Unternehmens abhängig, und das führt zu großen Problemen.

Der Wissenschafts-Eetat liegt bei acht Milliarden Euro. Wird er aufgestockt angesichts der hohen Anforderung etwa an die IT-Ausstattung in medizinischen Instituten?

Pfeiffer-Poensgen: Wir sind ja erst am Anfang unserer Arbeit, der Haushalt für 2018 wird derzeit aufgestellt. Es wird selbstverständlich immer Themenfelder geben, die zusätzliche Investitionen erfordern.

Wie sehen Sie die Zukunftsaussichten des Wissenschaftsstandorts NRW?

Pfeiffer-Poensgen: Da bin ich optimistisch. Es ist unsere Aufgabe, uns für bestmögliche Rahmenbedingungen einzusetzen, damit die nordrhein-westfälischen Hochschuleinrichtungen national und international weiter hervorragend dastehen.

Derzeit stöhnen die sieben Kunsthochschulen unter der Novelle des Kunsthochschulgesetzes, die von der alten Landesregierung umgesetzt wurde. Der Vorwurf: Kreative sehen sich mit viel zu viel Bürokratie konfrontiert. Wie wollen Sie dieses Hochschulgesetz entrümpeln?

Pfeiffer-Poensgen: Kunsthochschulen brauchen Gestaltungsfreiheit. Künstlerische Arbeit und Entwicklung sind das oberste Gebot. Wir werden nun Gespräche führen über die eventuell vorhandenen Sorgen und über möglichen Veränderungsbedarf.

Werden Sie Studiengebühren einführen?

Pfeiffer-Poensgen: Es ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, für bestimmte Gruppen von Studierenden aus Nicht-EU-Staaten solche Beiträge einzuführen.

Gerade junge Menschen aus fernen Ländern sind an Kunstakademien überlebenswichtig. Und was wären die Musikhochschulen ohne die jungen Leute aus Japan und Südkorea? Ist das ein guter Ausweg, um das gewonnene Geld den Hochschulen bereitzustellen?

Pfeiffer-Poensgen: Der Koalitionsvertrag weist auf das baden-württembergische Modell hin, das zum Beginn des kommenden Wintersemesters eingeführt wird. Dies werden wir genau beobachten, die Ergebnisse analysieren und dies in unsere Entscheidungen einfließen lassen. Ich bin überzeugt, dass es auch mit einem Semesterbeitrag für viele junge Menschen etwa aus Asien attraktiv bleiben wird, im Land der klassischen Musik zu studieren.

Wie sieht Ihr Arbeitspensum aus? Werden Sie jetzt Antrittsbesuche bei allen 37 Hochschulen, sieben Kunsthochschulen, an Theatern und Museen machen?

Pfeiffer-Poensgen: Natürlich. Vor Ort erfährt man so viel mehr als etwa im Büro per Telefon oder aus Akten. Das ist aber auch gar kein Problem: Bisher war ich nahezu ständig in 16 Bundesländern unterwegs.

Die Familien Pfeiffer und Poensgen sind nicht nur mit Aachen, sondern auch mit Düsseldorf verbunden. Ihr Schwiegervater Gisbert Poensgen stammte aus der bekannten Düsseldorfer Industriellenfamilie. Was ist aus den Poensgens geworden?

Pfeiffer-Poensgen: Die Geschichte dieses Zweiges der Familie Poensgen in Düsseldorf ist mit dem Zweiten Weltkrieg beendet. Die Großeltern meines Mannes sind in Düsseldorf ausgebombt worden und bei Verwandten in Ratingen untergekommen. Sie starben dort durch eine Fliegerbombe 1945. Damit ging die Geschichte dieses Familienzweigs auf traurige Weise zu Ende. Mein Mann und ich sind wegen unserer Arbeit nach Berlin gezogen. Im Augenblick pendle ich viel zwischen Berlin und NRW, irgendwann wird auch Zeit für einen Umzug sein.