Atelier des Südens: Von Van Gogh bis Matisse
Marseille/Aix-en-Provence (dpa) — „Das große Atelier des Südens“ heißt die Ausstellung, die sich Marseille und Aix-en-Provence teilen. Die knapp 8 Millionen teure Werkschau bildet den Höhepunkt des Kulturhauptstadtprogramms Marseille-Provence 2013.
Sie zeigt Werke von Künstlern, die das Licht zwischen 1880 und 1960 an die Mittelmeerküste lockte. Ein Blick in die Kunstgeschichte genügt, um festzustellen, dass das für viele Maler von Rang und Namen zutraf. Eine Auswahl musste getroffen werden. Marseille bekam den Zuschlag für „Von Van Gogh bis Bonnard“, Aix-en-Provence den für „Von Cézanne bis Matisse“.
Wer bekommt wen? Statt die Meisterwerke von Salvador Dalí, Pierre-Auguste Renoir, Paul Cézanne und Claude Monet chronologisch zu präsentieren, stellte man in den Mittelpunkt den Aspekt der Form und Farbe. „Hätten wir die Werke zeitlich aufgeteilt, wären in einem Museum die Jahre 1880 bis 1914 vereint gewesen mit allen Werken von Cézanne, Van Gogh und Gauguin“, sagte die Kuratorin Marie-Paule Vial, Leiterin des Pariser Musée de l’Orangerie.
Und so wurden die Künstler entsprechend ihrem Beitrag zur Erneuerung der Kunst durch die Form einerseits und die Farbe andererseits aufgeteilt. Mit Cézanne als Sohn der Stadt Aix-en-Provence kamen die Künstler, die nach Vereinfachung der Formen strebten, in das Musée Granet. Eines der ersten Werke, das in Aix-en-Provence zu sehen ist, zeigt den Berg Sainte-Victoire. Cézanne hat den Gebirgszug über sechzig Mal abgebildet: aus verschiedenen Blickwinkeln, in unterschiedlichen Stilen und zu jeder Jahreszeit. Das Motiv ist bekannt, doch weniger das ausgestellte Bild, das eine Leihgabe des Puschkin-Museums ist.
Cézanne folgen Amedeo Modigliani, Monet, André Derain, Georges Braque, Pablo Picasso, Henri Matisse und Nicolas de Staël. Künstler, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Schaffensprozess mit der Form experimentierten.
In Marseille explodiert die Leuchtkraft und Willkür der Farbe. Das typisch leuchtende Gelb Van Goghs konkurriert mit Gauguins Orange und die blau-lilafarbenen Pinselstriche von Raoul Dufy mit der vibrierenden Palette des in Farbe denkenden weißrussischen Malers Chaim Soutine.
Die Aufteilung nach Form und Farbe war strategisch wertvoll. Weder das Musée Granet in Aix-en-Provence, noch das renovierte Palais Longchamp in Marseille können sich über zu wenig Ikonen der Moderne beschweren. Doch illustriert die thematische Trennung, dass die Grenzen zwischen Form und Farbe fließend sind.
Beispielhaft dafür steht der Meister von Aix selbst. In dem Werk „Im Park des Château-Noir“, das Cézanne um 1900 gemalt hat, verschmelzen Form und Farbe: kräftige Grüntöne in wilden Pinselstrichen bedecken die Bildfläche und lösen die Landschaft auf. „Die Natur — ich wollte sie kopieren. Es gelang mir nicht. Aber ich war mit mir zufrieden, als ich entdeckte, dass sich zum Beispiel die Sonne nicht einfach wiedergeben ließ, dass man sie vielmehr durch etwas anderes zum Ausdruck bringen musste: durch Farbe“, sagte Cézanne einst.