Ausstellung in Krefeld: Die Welt vor langer Zeit
Krefeld zeigt eine Rarität: Fotografien des Niederländers Bert Teunissen im Museum Haus Esters.
<strong>Krefeld. Bilder aus einer fernen anderen Welt. Eine offene Feuerstelle mit verglühenden Holzscheiten auf dem Fußboden. Darüber baumelt ein Haken mit Kette, an der Decke hängen Schinken und Würste, unten hocken alte Männer, die ihre Füße behaglich gegen die Glut strecken. Spärliches Tageslicht fällt in den Raum. Auf anderen Fotografien legen schwarzgekleidete Frauen ihre knorrigen Hände, ihre von harter Arbeit gekrümmten Finger in den Schoß, den Blick starr auf das Kameraauge gerichtet. Sie hocken in Stuben, deren wichtigste Einrichtung der Ofen ist. Wärmespender in den kalten Nächten und Kochstelle. An den Wänden uralte Fotos und Kalender, auf dem zernarbten Holztisch steht ein Topf.
Bilder ohne Titel, nur mit Ort, Tag und Stunde
Bert Teunissen, der niederländische Fotograf, hat diese Aufnahmen mit der Plattenkamera gemacht. In zehn Jahren hat er neun Länder bereist und ist in die hintersten, abgelegensten Winkel Europas vorgedrungen. Er verschafft sich ein persönliches Archiv über den allmählichen Untergang einer Welt - die unserer Vorfahren, die noch ohne Strom, elektrisches Licht und Zentralheizung, Supermarkt und Auto auskommen mussten. In der nächsten Woche wird Bert Teunissen, dessen Fotografien nun im Krefelder Museum Haus Esters unter dem Titel "Domestic Landscapes - A Portrait of Europeans at Home" ausgestellt sind, nach Bulgarien aufbrechen.Am Anfang dieser Suche stand ein Verlust. Der Neunjährige zog mit seinen Eltern in einen anderen Ort. Die Vertrautheit mit der Heimat, mit Haus und Umgebung, wurde offenbar schmerzhaft vermisst. Jahre später, bei einem Frankreich-Urlaub, saß er in einem alten Café, und plötzlich überschwemmte ihn diese Erinnerung. Seitdem ist Teunissen auf der Suche nach den verlorenen Räumen der Kindheit.
Die 55 Bilder der Ausstellung, eine Auswahl nur, vermerken als Titel nur den Ort, den Tag und die Uhrzeit. "Lomes 1, 23/2/2005, 17.30" heißt eine dieser Fotografien, die drei Personen zeigt, irgendwo in Portugal. Sie sitzen mit verschränkten Händen an einem Tisch, auf dem eine Weinkaraffe und einfache Glasbecher stehen. An der feuchten Wand im Hintergrund hängen eine Uhr und sechs Bildkalender, der einzige Schmuck. In der linken Ecke schläft ein Kind auf einem alten Sofa.
In einem Ort namens Mogadouro fand Teunissen im März 2002 einen alten Friseurladen. Dort schien die Zeit zu gerinnen, während der Friseur am Hinterkopf eines Kunden tätig war. Es sind dies alles gewachsene Räume, Orte, die von den Vorfahren, vielleicht über Jahrhunderte hinweg, immer wieder weiter gegeben wurden.
Oft sind es archaische Räume, die Teunissen findet, und Menschen, denen das harte Leben tiefe Runen ins Gesicht geschrieben hat. In den Augen dieser Leute glimmt ein tiefer, fast aristokratischer Ernst.
Das gilt für das alte Ehepaar an der blakenden Feuerstelle im Raum ebenso wie für die besser gestellte ältere Dame in besserem Ambiente, die, den Kopf in die Hand gestützt, mit hochgezogenen Brauen in die Linse schaut.
Bert Teunissen Der Niederländer, geboren 1959 in Ruurlo, lebt und arbeitet in Amsterdam. Er zeigte sein Werk in New York, Amsterdam und London.
Ausstellung "Domestic Landscapes. Ein Porträt von Europäern daheim." Museum Haus Esters Krefeld, Wilhelmshofallee 97, bis 7. Februar 2008, dienstags bis sonntag von 11 bis 17 Uhr
Besonderheiten Bert Teunissen hat zu seinen Reisen und Fotos auch persönliche Geschichten geschrieben.