Ausstellung in Krefeld: Stücke des großbürgerlichen Lebensgefühls
Möbel von Mies van der Rohe und Lilly Reich sowie Malerei über Reihenhäuser.
Krefeld. Dieser Kandinsky leuchtet auch noch heute durch den ganzen Raum. Aber dieses Gemälde steht nicht im Mittelpunkt dieser Schau. In dem von Mies van der Rohe erbauten Haus Lange an der Krefelder Wilhelmshofallee ist jetzt der Versuch unternommen worden, das ursprüngliche Ambiente zu rekonstruieren.
Die Schau mit dem Titel "Mies van der Rohe & Lilly Reich - Möbel und Räume für Hermann Lange", kuratiert von Christiane Lange, einer Nachfahrin des Fabrikanten. Sie versammelt Möbel nach den Entwürfen des berühmten Architekten und der Designerin Lilly Reich, öffnet bisher nicht zugängliche Räume wie etwa die Küche, schließt Durchgänge mit alten Paneelwänden aus edlem, afrikanische Holz, zeigt, wie sich der Familie der Blick durch die großen Fenster in den rückseitigen Park öffnete.
Oft waren es winzige Details, die im Büro des Mies van der Rohe durchgeplant wurden, die Deckenleuchten etwa.
Die Möbel, darunter Holztische, frühe Exemplare des sogenannten "Daybeds" oder auch des Tugendhat-Sessels, hat die Kuratorin aus dem Familienbesitz entleihen können. Sie alle sind von einer geradezu spartanischen Einfachheit aus Senkrechten und Waagerechten geprägt, rechtwinklig zueinander gestellt, und doch liest man an ihnen schon auf den ersten Blick das edle, kostbare Einzelstück ab.
In dieser Villa hat sich ein großbürgerlicher, hochgebildeter, in der neuen Ästhetik einer Umbruchzeit bewanderter Mann und berühmter Kunstsammler mit seinem Wunscharchitekten wahrhaft Großes geschaffen: Die neue Freiheit des Auges und das Glück der entrümpelten Räume, ein neues Lebensgefühl.
Im ebenfalls von Mies erbauten Haus Esters nebenan, beide seit Jahrzehnten Ausstellungs-Dependancen der Krefelder Kunstmuseen, ist "Shadowtime". So nennt der in Düsseldorf und New York lebende Künstler Stefan Kürten eine Abfolge seiner Malereien über das Reihenhaus, einst des Bundesbürgers liebstes Kind. Wir kennen diese zu Lebensentwürfen stilisierten Behausungen mit ihren Balkons und Markisen, den kleinen Vorgärten an den Ziegelsteinwänden, weil sie gleich von nebenan sind, an jeder Ecke irgendeiner Siedlung.