Bildhauer Gregor Schneider: Suche nach Unsterblichkeit
Der Bildhauer Gregor Schneider aus Mönchengladbach hat in Rom ein neues „Sterbezimmer“ verwirklicht.
Mönchengladbach. Gregor Schneider ist einer der berühmtesten Bildhauer der Welt und Gewinner des Goldenen Löwen der Biennale in Venedig. Aber er ist auch ein radikaler Künstler, der die Besucher bis in den "Toten Raum" führt, wie sich sein jüngstes Projekt in Rom nennt. Unbeachtet von der deutschen Öffentlichkeit gibt es dort ein Sterbezimmer. Ursprünglich wollte Schneider dieses in einem Krefelder Museum errichten, löste damit jedoch einen landesweiten Skandal aus.
Wir sprachen mit dem eher schweigsamen Mann über seine Projekte, die so ungewöhnlich sind, dass sie manchen Todesängste einjagen.
Wie dieses Sterbezimmer in Rom aussieht, wollten wir wissen. Gregor Schneider beschreibt zwei Räume, einen mit einem "Kühlturm" und einen zweiten mit einer mumifizierten Leiche. Der Kühlturm sei der Nachbau eines tatsächlich existierenden Stickstoffbehälters, in dem sich Menschen einfrieren lassen können. Der Künstler interpretiert: "In diesem Edelstahlbehälter könne man in Flüssigstickstoff Menschen einfrieren, in der Hoffnung, dass man sie mit der fortschreitenden Technik wieder zum Leben erwecken kann."
Das Sterbezimmer ist ein schwarzer Korridor, in dem eine mumifizierte Leiche liegt, die Schneider von der Medizinischen Universität bekam: "Dieser Körper ist ein Demonstrationsobjekt, wie Menschen sich auf natürliche Weise mumifizieren können." Proteste habe es nicht gegeben. Die Idee des Sterbezimmers: "Es geht um die Angst vor dem Tod und die Sehnsucht nach der Unsterblichkeit."
Auf großes Interesse stieß Schneiders 14 Meter hohe Außenskulptur "END" vor dem Museum Abteiberg in Mönchengladbach, die wie ein schwarzer Schlund wirkte. Man konnte sie begehen, durch sie hindurch ins Museum gelangen. Er beobachtete: "Die Besucher sind eingetaucht in dieses Schwarz, neugierig auf das Nichts. Sie waren plötzlich zurückgeworfen auf ihre Empfindungen."
Der Künstler aus Rheydt interessiert sich nicht nur für Totenräume, sondern auch für tote Dörfer. Sie liegen direkt vor seiner Haustür, im Braunkohlegebiet. Sein Projekt für Düren ist mit dem Namen Imden verbunden, dessen Einwohner dem Kohleabbau weichen mussten. Er sagt: "Imden ist ein Ort, den es auf Landkarten nicht mehr gibt, der aber noch existiert. Wir haben ein Stück Straße ausgebaut, bevor sie komplett weggebaggert wird. Wir werden sie ins Leopold-Hoesch-Museum einbauen."
Schneider hatte schon als 15-Jähriger begonnen, ein gewöhnliches deutsches Familienhaus umzubauen, mit Durchbrüchen und Löchern zu versehen. Das Braunkohlegebiet diente ihm dabei als Quelle der Inspiration.
Was ihn daran fasziniert: "Es ist ein gigantisches Loch, in dem die größten von Menschenhand bewegten Erdmassen abgetragen wurden." Unglaublich seien diese neuen Kulturlandschaften, in denen die Vergangenheit ausgelöscht werde.
Schneider zieht einen kühnen Vergleich zur Nutzung von Kohle: "Es geht auch in meiner Kunst um Energie, um künstlerische Energie. Insofern bin ich gar nicht so weit von RWE entfernt."