Rheingoldausstellung in Schloss Dyk: Surreales im barocken Festsaal
Sammlung Rheingold: Helge Achenbach präsentiert moderne Kunst in Schloss Dyck.
Jüchen. Markus Schinwald besitzt einen typisch österreichischen Humor. Er setzt eine Marionette namens Otto im dunkelgrauen Anzug auf eine Chaiselongue, die Beine etwas steif ausgestreckt. Wer einige Augenblicke vor der lebensgroßen Puppe verharrt, entdeckt, wie sich ihr Gesicht aufklappt, das Kinn nach oben schiebt, der Gehirndeckel sichtbar wird und wie dann die Augen- und Mundpartie in ihre normale Position zurückkehrt. Dazu läuft ein Video, wo eine Figur, die wie Otto aussieht, als Rattenfänger einen Kinderkreuzzug anführt. Die Arbeit gehört zur Sammlung Rheingold, die vom rheinischen Geldadel zusammengetragen wurde und morgen in Schloss Dyck eröffnet wird.
Nicht nur Gäste, sondern auch Künstler lieben das barocke Schloss mit den historischen Räumen und dem großen Festsaal. Mehr als 240000 Gäste besuchten im vergangenen Jahr das Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur, mit dem weitläufigen Park, den kostbaren vertäfelten oder dekorierten Sälen und der zeitgenössischen Kunst.
Die Kunstgänger und Gartenfans werden diesmal von den deckenhohen Gemälden des Kubaners Diango Hernandez begrüßt, der in Düsseldorf lebt und die ersten Hürden zum Ruhm erklommen hat. Für Helge Achenbach, den Sprecher der Stiftung Rheingold, waren Diangos Werke Liebe auf den ersten Blick. Und in der Tat hat der Künstler in seinen Bildern eine faszinierende Mischung aus sozialkritischer Sicht, lässig hingeworfener oder gespritzter Malerei und erzählerischen Ansätzen.
Sein Alter Ego oder zumindest ein Mann seines Alters (40) kämpft mit den roten Zetteln zum Zeichen des Kommunismus, rotiert mit Händen und Füßen in einem fiktiven Rhönrad und dekonstruiert sein Gesicht. Das heißt, er halbiert es in eine gelbe und eine schwarze Gesichtspartie, mit maskenhaften Augen, als gelte es, den heidnischen Göttern der Vorväter Paroli zu bieten.
Für den nächsten Raum entleiht Katharina Fritsch ihre berühmte "Frau mit Hund". Leicht überlebensgroß erscheint die flanierende Dame aus rosaroten Polyester-Muscheln, die ihren Rock aus Muscheln etwas ausgestellt hat, um stehen zu können. Die schmale Taille, der breite Muschelhut, die aus zwei Herzmuscheln gebildeten Brüste machen sich mitsamt dem weißen Hündchen mit Muschelschlappohren hervorragend in diesem Milieu.
Man meint, Madame werde gleich in Trippelschritten das Zimmer verlassen und in den Park stolzieren. Fiktiv und täuschend echt ist diese Figurengruppe. Katharina Fritsch gelingt es zugleich, die holde Weiblichkeit dieser "Frau mit Hund" zu persiflieren. All die Muscheln, Sinnbilder des Erotischen, würden beim ersten Schritt die Dame auseinanderfallen lassen.
Die Sammlung ist exquisit. Pavel Pepperstein befindet sich darunter, der Vertreter Russlands auf der letzten Biennale in Venedig. Er entlädt seine feine Ironie über Dollarnoten, Apple-Äpfel und Schlangen, die dem Apfel des Adams wie der Juxfigur Oleg entwachsen. Andreas Hofer springt in seinen Bildern von einem Jahrtausend zum nächsten. Dazwischen gesetzt oder gestellt sind Videos. Hier werden Libellen seziert, Hula Hup-Reifen gedreht und Papier-Jungen durch den Fleischwolf gezogen. Eine herrliche Schau.