Retrospektive: Die große Geste nach dem Krieg
Das Museum Kunst Palast zeigt die Avantgarde nach 1945.
Düsseldorf. Georges Mathieu begrüßt die Besucher im Museum Kunst Palast mit einer monumentalen Schnellmalerei, einer fast fünf Meter breiten Panoramawand von 1957. Zwei Jahre später warf er seinen Pinsel in den Rhein und pfiff auf die herkömmliche Malerei vor der Staffelei.
Sein Solo-Auftritt vor Zuschauern wird zum Titel der Ausstellung im Museum Kunst Palast: "Le grand geste!" - "Die große Geste". Die künstlerische Avantgarde nach 1945 suchte nach neuen Ausdrucksformen, die nicht durch den Weltkrieg korrumpiert waren. Davon handelt die hervorragend bestückte Schau mit 150 Werken.
Begründer dieser spontanen, subjektiven Aktionsmalerei war Jackson Pollock. In den USA begriff man die Kunst leichter als in Europa als Zeichen von Freiheit und Selbstbewusstsein. Sein Bild "Nummer 32" von 1950 aus der Kunstsammlung NRW ist ein monumentales Hauptwerk. Ausschließlich in schwarzer Lackfarbe gehalten, die er in weit ausgreifenden, tänzerischen Schwüngen verspritzte und verträufelte, ist es ein Dokument von Bewegung und Tempo, das die klassischen Richtlinien der Komposition durch den bloßen Zufall ersetzt.
Die Amerikaner beherrschten die Nachkriegs-Szene mit grandiosen Werken, die nun in Düsseldorf zu sehen sind. Dazu gehören der verlockende Lyrismus eines Sam Francis und die kräftigen Mal-Hiebe eines Franz Kline. Höhepunkte aus Frankreich sind die strahlende Schwärze im Werk von Pierre Soulage sowie grandiose Beispiele von Wols und Fautrier, deren gestische Malerei immer auch geheimnisvoll, doppeldeutig und surreal erscheint.
Die Düsseldorfer Schau ist die erste Totale dieser abstrakten Nachkriegskunst. Demonstrativ schieben die Kuratoren Kay Heymer und Susanne Rennert immer auch Bilder aus Deutschland in den internationalen Reigen. In Frankfurt ("Quadriga") und Düsseldorf ("Gruppe 53") wandte sich die junge Generation demonstrativ gegen den von Nazi-Deutschland diktierten Realismus, aber auch gegen die strenge, klare, konstruktive Kunst aus den frühen 20er Jahren. Die Informellen, Tachisten oder abstrakten Expressionisten experimentierten mit dem Rakel wie Karl Otto Götz, dessen kraftvolle Werke die Nähe zu Pollock und Kline nicht scheuen müssen.