Installationen: „Was ist schon ein Kunstwerk?“
Olafur Eliasson über seine große Schau im Berliner Gropius-Bau: „Kunst ist, was Menschen draus machen.“
Herr Eliasson, Ihre Ausstellung heißt "Innen Stadt Außen". Was soll das heißen?
Eliasson: Ich will eine Beziehung schaffen zwischen dem, was im Museum los ist, und dem, was draußen passiert. In den letzten Jahren habe ich einige Ausstellungen gemacht, bei denen es eine zunehmende Trennung zwischen innen und außen gab, weil die Museen die Ausstellung sehr stark vermarktet haben. Ich möchte aber, dass die Menschen ihre eigene persönliche Geschichte mit ins Museum reinbringen und als Teil der Ausstellung sehen. Und dann sollen sie ihre Erinnerungen an das, was sie gesehen haben, wieder mit hinaustragen in die Gesellschaft.
Eliasson: Mir ist es nicht wichtig, dass man beim Hingucken genau weiß: Ach, das ist ein Kunstwerk und das nicht. Es ist ja auch möglich, dass ein Objekt 100 Jahre lang nicht als Kunstwerk betrachtet wird, dann zehn Jahre als eines gesehen wird und dann wieder nicht mehr. Die einzigen, die das zu verhindern versuchen, sind natürlich Museen und Sammler. Für mich ist die Frage wichtig: Welche Konsequenzen hat das, was ich tue und denke und sage, für die Welt, in der wir leben? Für mich ist wichtig, wie die Menschen ein Kunstwerk erleben, ob es sie rührt, inspiriert. Ob sie es dann tatsächlich Kunst nennen, spielt keine so große Rolle.
Eliasson: Ja, natürlich. Ich kann das zwar selbst nicht mehr beeinflussen, nachdem ich das, was ich mache, gemacht habe. Aber die Reaktion der Menschen ist mir sehr wichtig. Gäbe es keine Leute, würde ich auch nicht das tun, was ich tue. Das wäre, als würde ich Maschinen produzieren und es gäbe keinen, der sie braucht. Deswegen trenne ich das gar nicht. Ich rede nicht erst über meine Arbeit und dann über die Menschen, sondern ich rede über die Erlebnisse, die die Menschen mit meiner Arbeit haben.
Eliasson: Ich möchte eine kritische Haltung schaffen, in der sich die Menschen einerseits als Teil der Gesellschaft verstehen, aber andererseits auch als einzigartig und individuell. Die zwei Sachen werden ja in der Politik oft gegeneinander ausgespielt. Aber ich glaube, dass Kunst ein Bindeglied für beides sein könnte. Sie kann zeigen, dass die gesellschaftlichen Werte, die wir oft so selbstverständlich nehmen, nicht von Gott oder der Natur vorgegeben sind, sondern dass sie sich durch unsere Geschichte entwickelt haben, dass sie kulturell gewachsen sind. Und damit sind sie auch verhandelbar.
Eliasson: Ich bin in Dänemark und Island aufgewachsen, und da war es schwierig, sich in einen größeren künstlerischen Zusammenhang einzubringen. Berlin dagegen war Anfang der 90er Jahre eine Stadt, in der es unglaubliche Aufbrüche gab. Das hat mich damals sehr inspiriert - vor allem die Tatsache, dass man als junger Mensch die Stadt mitgestalten konnte. Andere Städte sind ja auch toll. New York etwa. Aber New York lässt sich wenig von deiner Teilnahme beeinflussen. Natürlich gibt es auch in Berlin statische Kräfte und repressive Machtstrukturen. Aber es gibt noch viele Möglichkeiten, sich selbst zu organisieren. Jetzt muss man nur aufpassen, dass die Stadt nicht vom Kommerz eingeholt wird und ihr größtes Potenzial verliert - nämlich die unglaubliche Vielfalt im kreativen Bereich.